Sicherheit und Islamisten: Be your own bodyguard?

Islamisten: aus Frustration wird Gewalt

Das französische Satiremagazin Charlie Hebdo veröffentlicht Bilder des Propheten Mohammed als Karikatur. Viele Muslime fühlen sich gekränkt, weil ihr Wunschbild einer Gesellschaft mit den Regeln, man darf den Propheten oder Allah nicht abbilden (Bilderverbot) und schon gar nicht lächerlich machen (Gotteslästerung), enttäuscht wird. Psychologen nennen das Frustration.

Viele Muslime reagieren auf diese Veröffentlichungen, egal, ob sie den Propheten Mohammed mit einer Träne im Auge oder mit einer Bombe auf dem Kopf zeigen, mit Ärger, Wut und/oder Aggression. Radikale, intolerante und gewaltbereite Muslime (Islamisten) zeigen keine Frustrations-Toleranz. Es sterben erneut Menschen, andere werden bedroht. Angst und Terror herrschen zunehmend.

Jetzt ist die westliche Gesellschaft erneut gekränkt. „Je suis Charlie“ ist auf tausenden Seiten im Internet zu lesen. „Satire darf alles“, fordert die liberale, westliche Intelligenz mit den Worten Kurt Tucholskys. Dieser Teufelskreis kann sich endlos lange fortsetzen. Gibt es einen Ausweg aus dieser Spirale von Worten/Taten und Gewalt?

Ein Ausweg: Sicherheit durch Analyse und Intervention im engen Raum?

Im August 2012 tötete Ahmed S (52), ein Migrant aus Marokko, in Neuss Irene N. (32), eine Mitarbeiterin des Jobcenters Neuss. Es gab keinen offensichtlichen Grund dafür. Er hatte einen anderen Mitarbeiter des Jobcenters, Herrn D., sechs Wochen lang telefonisch nicht erreichen können und hatte gehört, das Jobcenter könne mit seinen Daten ein Vermögen verdienen. Er fühlte sich gekränkt. Er nahm es persönlich und weil er Herrn D. im Jobcenter nicht antraf, übertrug er seine Wut auf Irene N., eine junge Mutter. Er erstach sie mit zwei Messern, die er sich zuvor in die Taschen gesteckt hatte. Das Urteil, lebenslange Haft wegen Mordes.

Seit diesem Zeitpunkt arbeiten viele Behörden daran, die Wiederholung einer solchen Tat unmöglich zu machen und das ist möglich. Potentieller Terror wird seither mit systematischer Gegenwehr abgewehrt. Mit drei Analyseschritten können wir das Gefahrenpotential eines Täters ermitteln. Ermittelt werden Personen, die sich (1) gekränkt fühlen, die (2) eine Kränkung persönlich nehmen und die (3) bereit sind, mit Gewalt vorzugehen. So lässt sich eine Gruppe potentieller Täter erarbeiten. In Jobcentern, Sozial- und Ordnungsämtern etc. wird Gewaltprävention in diesem Sinne seit kurzem eingeübt.

Das lässt sich auch auf die Bedrohungs-Analyse aus islamischen Kreisen übertragen. Die Gefährdung, die von islamischen Kreisen ausgeht, von Gruppen oder Individuen, lässt sich im Voraus berechnen, wenn die dazu erforderlichen Daten vorliegen und die Beobachtung kontinuierlich erfolgt. In Frankreich ist das unzureichend geschehen. Die Gefährlichkeit der Täter wurde falsch analysiert. In Belgien waren die Sicherheitsorgane erfolgreicher. Im Moment vor der Tat zu handeln, war ein gutes Timing.

Die Chance, gewaltbereite Täter zu erkennen und vor der Tat zu stoppen

Gewaltbereite Täter sind bei professioneller oder angeleiteter Analyse auch kurz vor der Tat körpersprachlich erkennbar. Das Decodieren von Mimik wird in den USA seit den 80er Jahren perfektioniert und findet u.a. auf Flughäfen und Bahnhöfen statt. Eine Vielzahl weiterer köpersprachlicher Signale gibt Auskunft über die Gewaltbereitschaft eines Täters.

Erkannte Täter können im Mikrokosmos eines Jobcenters gestoppt werden, wenn Akteure in einer Selbstanalyse festgestellt haben, wie sie im Stressfalle reagieren. Dann kann ein individueller Plan B für den Ernstfall erarbeitet werden. Ein solches Verhalten kann und muss eintrainiert werden.

Darüber hinaus sind inzwischen Räumlichkeiten vieler Behörden gesichert worden (Alarmsysteme, Umbau), gutes Sicherheitspersonal wurde – im besten Falle – eingestellt. Mitarbeiterinnen selbst durch Kampf-Trainings zu sichern, ist selten möglich. Erfolgen derartige Maßnahmen, arbeiten diese Mitarbeiter in einer erhöhten Sicherheit.

Sicherlich ist es auch möglich, gewaltbereite Islamisten im Moment der Tat zu erkennen, doch dann ist es meist zu spät. Stehen – wie in Paris – diese Täter bewaffnet vor ihren Opfern, ist es zu spät. Hier versagt die Übertragung des Modells.

Die Gesellschaften des Westens reagieren auf diese aktuelle Hilflosigkeit mit Angst oder Aggression, was aussteht ist die intensive Diskussion und Anwendung geeigneter Mittel.

Schutz durch sorgsame und nicht kränkende Kommunikation – ist das möglich?

Islamische Verbände fordern, das Bilderverbot zu achten, Gotteslästerungen zu unterlassen. Die westliche Welt antwortet: „Je suis Charlie“. „Satire darf alles“, erklärte Kurt Tucholsky in den 30er Jahren. Er unterlag im Kampf gegen den Faschismus, nahm sich 1935 verbittert das Leben. Gingen wir auf die Forderungen der islamischen Verbände ein, würden die Forderungen erst bei völliger Aufgabe unserer eigenen Identität enden.

Der IS (sogenannter „islamischer Staat“) tötet Muslime auch für nicht konformes Verhalten oder einfach, weil der andere ein Schiit ist, ein Jeside, ein Ungläubiger. Hier ist keine Win-Win-Lösung möglich. Trittbrettfahrer in diesem Erpressungsspiel fordern, das Verbot der Gotteslästerung auf alle Religionen auszuweiten.

Was neue Sicherheitsmodelle leisten müssen!

Neue Sicherheitsmodelle müssen mit dem Ziel geschaffen werden, auf Gefahr und Terror nicht mit erneuter Kränkung oder Gegenterror (Abbrennen von Moscheen, Angriffe auf Muslime, Verteuflung und Verfolgung Fremder, etc.) zu reagieren.

Wir müssen mit Tätern rechnen, deren Ziel nicht finanzielle Leistungen oder der respektvolle Umgang mit ihnen ist, wie im Falle vieler Behörden. Es geht diesen Tätern um die Übertragung ihres Weltbildes auf Dritte. Es geht – in ihren Augen – um einen heiligen Krieg zur Sicherung und Übertragung ihrer Kultur.

Hier müssen wir mit Augenmaß arbeiten. Die Pegida ist dabei nur gesellschaftliches Ablenkungsmanöver. Die Pegida bindet Kräfte, verhindert als Instrument der Gegenkränkung eher den Ausstieg aus dem Teufelskreis von Kränkung – Terror – Kränkung. Ein Streit der Parteien um richtige Lösungen wird als Teil der Demokratie unvermeidbar sein.

Es liegt viel Arbeit vor uns.