Satire: das geheime Tagebuch des Helmut Kohl – ein Auszug

Auszug aus dem Satire-Buch:

Liebes Tagebuch,

Viel ist geschehen in den letzten Tagen. Geistige Wichte und Journalisten-Fuzzis wagen es, an meinem eigenhändig errichteten Kohl-Denkmal zu rütteln. Diese geistigen Pinscher wollen mitbestimmen, wie die Geschichte mich sieht.

Journalisten und die Welterschaffung

Da gibt es jetzt diesen unerträglichen Tumult um die Gespräche, die ich im tiefen Vertrauen und ganz tief im Hobby- und Partykeller in Oggersheim, da wo die Welt noch in Ordnung ist, mit einem Vertrauten meines Herzens führte.

Dabei vergaß ich aber etwas Wesentliches, nämlich dass ich mit einem Journalisten sprach. Deren Entstehungsgeschichte ist speziell, wie mir ein päpstlicher Nuntius einmal anvertraute.

Als der liebe Gott die Welt schuf, da schuf er zuerst die unbeweglichen Dinge, die Steine und so.
Dann die beweglichen, lebenden Dinge, die Tiere und die Menschen. Zu guter Letzt schuf er aus einem Haufen Lehm, der übrig geblieben war, die Journalisten. Das sind Menschen ohne Wert und ohne Respekt vor heiligen Dingen wie dem Staat. Sie haben auch keinen Respekt vor Sterngestalten der deutschen Geschichte, so sehe ich mich in aller Bescheidenheit.

Journalisten als Ghostwriter

Diesem Geschmeiß sollte man so wenig über den Weg trauen wie einer Natter. Ich habe die Großherzigkeit besessen, in meinem Partykeller einem Journalisten im Geheimen mein Herz auszuschütten.

Meine Worte sollten seine Gedanken in die richtigen Bahnen lenken. Einem Navi gleich sollten sie ihn durch den Dschungel der Fakten leiten und zur rechten Erkenntnis führen. Dabei sollte er als Ghostwriter arbeiten, der, wie der Name schon sagt, im Hintergrund wirkt und dort auch bleibt.

Mein Name sollte das Buch zieren, welches von der Erhabenheit meiner Taten berichten sollte.
Aber dieser Flaschengeist, diese Flasche, dieser Ungeist – ich will mich hier nicht weiter echauffieren – hat sich selbst entkorkt und meine geheimen Worte der Öffentlichkeit preisgegeben.

Selbstverständlich habe ich diese Dinge gesagt, die dieser Journalist jetzt der Öffentlichkeit verrät. Aber diese Dinge waren „off the record“, will heißen, die Dinge gehörten zwar mitgeschnitten, aber nicht zu Gehör gebracht für jedermann.

Meine politischen Freunde und der Aufstieg ins Paradies

Und selbstverständlich stehe ich jetzt zu meinen Worten, denn ich habe recht. Diese Blümis, Geißlers, Ritas und wie immer sie heißen mögen, sind eine ganz besondere Sorte Mensch. Ihnen ist es gelungen, in den Olymp dieser Gesellschaft, in den Deutschen Bundestag, aufzusteigen. Manchem gelingt sogar der Aufstieg in den Vorhimmel des Paradieses, in das Kabinett, und nur einer schafft es auf den Thron.

Im Olymp wie auch dort herrschen Lebensverhältnisse, die dem Normalo, dem deutschen Wähler, unbekannt sind. Der dort Lebende muss nämlich verschiedener Grundbedürfnisse des Lebens entbehren und diese durch Ersatz kompensieren.

Die Aufgabe der Presse: Ersatz-Sonnenstrahlung

Das Leben des Abgeordneten ist nämlich so terminreich, dass er das Licht der Sonne nur noch in Ausnahmefällen sieht. Das erfordert eine Ersatz-Sonnenstrahlung, den die Presse durch Blitzlicht versucht herzustellen. Damit kommt die Presse einer ihrer vornehmsten Aufgaben nach, ich nenne das eine wohlverstandene Pressefreiheit.

Je näher der Abgeordnete dem Allerheiligsten, dem Bundeskanzler, gerückt ist, umso mehr bedarf er dieser Pflege zur Erhaltung seiner Gesundheit.

Ein wichtiger Politiker scheint deshalb immer sonnengebräunt zu sein. Die oben genannten Blümis und Co hatten offensichtlich weniger Blitzlichtbestrahlung bekommen als sie benötigen. Das führte bekanntlich zum Bestreben, durch Bedeutungsgewinn mehr Bestrahlung zu bekommen und letztlich zum Versuch des Kanzlermordes.

Der Dank der falschen Freunde und Wertungen des Thrones

Ich habe mich bemüht, der Not dieser politischen Freunde Abhilfe zu schaffen, und es ist mir gelungen, ihnen die Ersatz-Lichtenergie zukommen zu lassen, die sie brauchen. Aber haben sie es mir gedankt?

Ich fand deshalb in den vier Wänden meines Partykellers wertende Worte, wie sie nun einmal einem Throninhaber zustehen. Leider überschätzte ich die Loyalität meines Gefolges, ich vergaß den Journalistentest.

Der besteht darin, dass man einem politischen Freund ein scheinbares Geheimnis anvertraut und dann beobachtet, wie lange er es aushält, der Presse davon nichts zu erzählen oder dieses Wissen nicht als Artikel zu vermarkten.

Wir nennen das die politische Probezeit und leider zeigte es sich, dass diese bei den oben genannten zu kurz gewählt war. Zu Recht habe ich dieselbigen deshalb Verräter genannt und als hinter… tituliert.

Ein solcher Wortgebrauch ist eines Messdieners eigentlich unwürdig, aber der heilige Zorn übermannte mich. Möge Gott den Sündern, den oben genannten, verzeihen, dass sie mich so in die Irre führten, ich kann es nicht.