Dieter Bohlen und Körpersprache: ein Mann setzt sich in Szene
Dieter Bohlen: Sein Leben ist Dynamik
Das Markenzeichen von Dieter Bohlen ist Dynamik. Wenn er auftritt strahlt er Energie aus. Er ist 66 Jahre alt, doch bei ihm möchte ich sagen, 66 Jahre jung. Vor dem Abitur gehörte er kurzeitig der kommunistischen Partei an. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre, er ist seit 1978 Diplom-Kaufmann.
In den 80er Jahren wurde er als Mitglied des Pop-Duos Modern Talking bekannt. Neben erfolgreichen Produktionen von nationaler und internationaler Künstlern, arbeitete er bis Mitte 2021 in Fernsehsendungen wie „Deutschland sucht der Superstar“ und „Das Supertalent“ als ständiges Jurymitglied. Heute wird sein Vermögen auf 135 Millionen Euro geschätzt. Er steht auf der Reichenliste Deutschlands ungefähr auf Platz 250.
Dieter Bohlen ist 66 Jahre alt, zu seinem Alter aber steht er nicht. Seine Haare sind rot blond und zeigen keine Spur von Grau. Er zeigt im Gespräch Hamburger Charme. Er schnackt wie einst Kanzler Helmut Schmidt oder der Hamburger Schauspieler Jan Fedder, bekannt als Dirk Matthies aus der Fernsehserie „Großstadt-Revier “, schnörkellos und bewusst schnodderig.
In einem Fernseh-Interview vom 8.12.2019 im österreichischen Fernsehen ist er dreißig Minuten zu sehen und zu hören. Anlässlich einer Tournee durch Österreich gibt er dort ein bemerkenswert offenes Interview
Die körpersprachliche Analyse
Die Mimik
Wir haben fünfzig Muskeln im Gesicht. Gefühlsreaktionen, gesteuert durch Gehirnaktivitäten, aktivieren und steuern diese fünfzig Gesichtsmuskeln. Wir alle können bei anderen an den Gesichtern, der Mimik, deren Emotionen erkennen. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich Mimik auch steuern, man kann bestimmte Gemütsverfassungen vortäuschen. Schauspieler sind in der Lage, eine Vielzahl an Gesichtsausdrücken zu zeigen und können diese auch darstellen. Die Mimik gibt uns als bei Menschen einen guten Einblick in deren Gedanken- und Gefühlswelt. Dieter Bohlen ist kein Schauspieler. Seine Mimik spiegelt verschiede Emotionen unreflektiert, d.h. er vollbringt keine schauspielerische Leistung, er ist mimisch ehrlich.
Das Fake-Lächeln von Dieter Bohlen
Die Mimik von Dieter Bohlen ist im Interview gespannt, er lächelt selten echt. Das breite Grinsen der Werbefotos, auf denen er braungebrannt zu sehen ist, mit strahlend weißem und tadellosem Gebiss, ist im Interview nicht zu sehen. Ein Lächeln sagt viel über einen Menschen. Das Lächeln ist eine Facette der Mimik. Am Lächeln sind 17 Gesichtsmuskeln beteiligt. Dieter Bohlen bestreitet, Botox verwendet zu haben, um Gesichtsfalten zu glätten. Botox im Übermaß kann auch Gesichtsmuskeln vorübergehend lähmen.
Durchgehend, im ganzen Interview, zeigt Dieter Bohlen ein „Lächeln“, aber dieses Lächeln nicht echt. Das Lächeln ist in der Physiologie ein Gesichtsausdruck, der durch das Spannen der mimischen Muskeln, stets in der Nähe der Mundwinkel erzeugt wird und auch um die Augen. Bei einem echten Lächeln gehen die Mundwinkel nach oben und je nachdem, wie weit die Mundwinkel nach oben gehen, entsteht eine Faltenbildung um die Augen herum. Der Grund: durch die hochgeschobenen Mundwinkel verschiebt sich der Bereich der Wangen nach oben.
Die Trainerin Nicole Grün sagt: „Wenn wir uns wirklich freuen, dann strahlen die Augen. Die Augen lachen bei echt erlebter Freude mit. Ein zuverlässiges Zeichen für echte Freude ist das „Anspringen“ des Augenringmuskels. Um das Auge herum ist ein kreisförmiger Muskel, und wenn dieser kontrahiert, sich also zusammenzieht, dann senkt sich die Deckfalte des Auges. Dadurch entsteht das Mitlachen der Augen und diese Muskelbewegung ist zuverlässig, um ein Lachen, das der echten erlebten Freude entspringt, von einem sozialen Lachen zu unterscheiden.“ Nicole Grün, Wahre Freude erkennen, in Evidero.de
Augen lügen nicht: Dieter Bohlen lächelt nicht wirklich
Bei Dieter Bohlen lachen die Augen nicht mit. Die Augen sind sogar oft zusammengepresst. Zusammengekniffene Augen gelten als Ausdruck des Ekels. Der Sehsinn wird dabei fokussiert auf das bereits erspähte Objekt des Ekels. Der gefällige österreichische Dialekt seines Interview-Partners entspricht in keiner Weise der leicht schroffen Art des Hamburgers, der gerne auch mal aneckt. Bohlen kann sein Missfallen körpersprachlich nicht verbergen.
Durchgehend durch das ganze Interview fällt auch auf, dass seine Zunge häufig in Bewegung ist, indem sie über seine Lippen fährt. Er benetzt seine Lippen. Das macht man in Momenten der Spannung, wenn die Lippen trocken sind. Dieter Bohlen ist oft unter Spannung. Diese Muskelanspannung dient dem Druckabbau. Dieter Bohlen entlastet sich durch diese Gestik, das ist nicht gespielt. Dieter Bohlen erinnert mimisch an einen Tiger im Käfig, beobachtend, lauernd und jederzeit zum Angriffs-Sprung bereit.
Die Gestik
Seine Gestik ist authentisch. Die Gesten sind nicht einstudiert. Es sprudelt aus ihm heraus, er gibt Ideen von sich, offeriert sie der Welt. Seine Arme sind dabei in Wallung. In den wenigen Momenten, in denen der Interviewer spricht, geht Bohlen in eine bewusst entspannte Körperhaltung. Er rückt dabei seine Lederjacke zurecht. Sie ist im Stil „Elvis Presley“ geschnittenen. Die Jacke mit dem hochgestellten Kragen wirkt wie eine Rüstung. Im Interview trommelt er leicht mit den Fingern auf den Tisch vor ihm. Ein weiterer Hinweis für die bestehende neuronale Spannung.
Dieter Bohlen nimmt viel Redezeit in Anspruch. In den wenigen Pausen, in denen der Interviewer fragt, entspannt er sich bewusst, horcht konzentriert und zugewandt, er kann auch zuhören.
Stimme, Sprache und Worte
Seine Stimme ist gepresst. Sein Atem ist nicht entspannt. Auch die Atmung muss sich seiner Dynamik, einer Botschaft unterordnen, hier steht Dieter Bohlen, ein Gewinner.
Sein Hamburger Schnack ist direkt und schnörkellos, bewusst schnodderig. Die Stimme liegt im Bereich des Tenors, die Stimme ist hell und klingt manchmal schroff, leicht heiser.
Sein Sprachtempo ist flott. Am Ende eines Satzes senkt er die Stimme nicht. Das würde Ruhe in den Sprachfluss bringen. Er hetzt weiter im Text, von Wort zu Wort. Die Worte bemühen sich, die Gedanken zu fassen. Die Gedanken sind schneller. Da verhaspelt er sich auch schon mal.
Und manchmal haut er in seinen Sendungen, wie es scheint ungefiltert, Verletzendes über Dritte heraus. Deutschlands Pädagogen sind entsetzt, sie würden ihn lieber in einer Vorbild Rolle sehen. Aber Dieter Bohlen will sich vermarkten, der Tabu Bruch ist sein Stilmittel.
Der betont relaxte Auftritt, den Dieter Bohlen „hinlegen will“, misslingt. Dieter Bohlen ist auch im Bereich von Stimme, Sprache und Worte fast ständig unter Strom.
Dieter Bohlen und die Angst
Der bewusst stark auftretende Dieter Bohlen hat Angst. Seine Villa in Hamburg ist (2003/2006/2019) zu einer Festung ausgebaut. Er fühle sich darin, wie im Knast, erklärte Bohlen 2010 vor Gericht als er gegen die zwei Gangster aussagte, die ihn und seine Frau 2006 überfielen, nackt fesselten und zur Herausgabe von dreißigtausend Euro zwangen. Seine Frau saß damals im Zuschauerraum und weinte hemmungslos. Das Trauma der Gewalt wirkt bis heute nach. Dieter Bohlen lebt seither auch gerne in Spanien, auf Mallorca. Er fühlt sich dort sicherer.
Sein Auftreten ist überforsch. Sein Optimismus zweckbetont. Er betont in seinen Videos immer wieder seinen Spaß am Leben. Gefällt ihm etwas, nennt er es gerne „geil“.
Sein Auftreten ist ein Pfeifen im dunklen Wald. Er sucht Sicherheit und Geborgenheit in Geld, Schließanlagen und Videoüberwachung und einer überforschen Rhetorik. Er ist ein sehr erfolgreicher Self-made-man, er präsentiert das in seinen Videos auch gerne. Glück aber sieht anders aus.