Satire: Fiffi und der germanische Siegelring

Teil der He-Ha-Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“

Das germanische Sicherheits-Siegel

Fiffi hatte seine Hand krachend auf die Theke gelegt und wichtig geschaut, er trug am Mittelfinger einen schweren Ring. Er hatte dann Erwin die Hand mit dem Ring vor die Nase gehalten und erklärt, er werde fortan all seine elektronischen Briefe, von anderen auch Mails genannt, mit diesem Siegelring  verschließen, von wegen der Daten-Sicherheit und so. Erwin hatte gekichert und Fiffi gefragt, ob er seine Mails nun mit Wachs übergießen wolle. Fiffi hatte ihn verschmitzt angeschaut und erklärt, genau das sei die Idee. Er wolle einen germanischen und elektronischen Datenaustausch mit hoher Sicherheit. Bislang habe noch kein Bildschirm die germanische Siegelprobe bestanden, der Wachs habe die Bildschirme zerstört. Das sei eben keine deutsche Wertarbeit, sondern meist chinesischer Schrott. Er arbeite zur Zeit am sicheren Siegelring-Computer, nebst germanischer Software. Die Siegelring-Technik sei  einzigartig und voll krass germanisch. Im Moment mache er eine kreative Pause. Sein Keller sei übervoll mit kaputten Bildschirmen und die Bank wolle ihm keinen weiteren Forschungskredit geben, die seien alle von Microsoft, also Bill Gates, gekauft.

Der Empfänger der germanischen Siegel-Mail müsse, wenn berechtigt, das Siegel natürlich auch aufbrechen können. Fiffi hatte laut in die Kneipe hinein geseufzt und gemeint, hier müsse die braune Jugend noch sehr viel forschen, um Technik und germanische Tradition zu verquicken. Stolz hatte er auf seinen Siegelring geschaut, während rings um ihn herum tosendes Gelächter begonnen hatte. Fiffi hörte das nicht, seine Gedanken kreisten um Höheres, da war kein Raum für Neider.

Der Siegelring aus Stahl

Fiffi hatte sich einen großen Siegelring machen lassen mit einem Ring-Kopf aus Stahl. Die drei F seines Namens, Fritz, Friedrich, Fittner hatte er zu einem schwarzen Stern gebündelt, die auf einem blutroten Untergrund lagen. Das mache was her, hatte Fiffi erklärt. Im englischen Arbeiter-Adel stehe der Name Fittner für jemanden, der Maschinen oder andere Sachen repariere, so stehe es  im Cambridge Wörterbuch. Sein Name sei im erweiterten Sinne germanisch. An britischen Germanen oder Galliern habe Cäsar sich schon die Zähne ausgebissen.

Das Siegel sähe aus wie eine kaputte Windmühle, die in Brand geraten sei, hatte Karl Apfel erklärt. Er gehörte einer schlagenden und Farben tragenden Verbindung an namens „Germanen Bund Sauf, Rülps und Furz“ und galt im „Strammen Max“ als Experte für nationale Tradition. Karl Apfel hatte ihn von oben herab gefragt, aus welchem Kaugummi Automaten das Teil denn sei.

Karl Apfel war wegen dieser Unverschämtheit auf Fiffis heimlicher Todesliste an die erste Stelle gerückt. Mit finsterer Mine hatte Fiffi ihm erklärt,  das F sei eine germanische Rune, hieße dort Fehu und stehe für das Element Feuer. Die drei F als Stern seien ein dreifaches Feuerzeichen und zeigten seine Macht an, jedenfalls die kommende. Das sei doch wohl klar und deutlich.

Schlagring und Siegelring

Das sei sehr deutlicher Mist, hatte Karl Apfel gemeint. Der Ring tauge allenfalls als Schlagring. Das politische Klima für Patrioten werde rauer und ein als Siegelring getarnter Schlagring habe seinen Charme. Bei einer Saalschlacht oder Diskussion sei ein Schlagring schon gut. Er könne Argumente optimal vertiefen und den politischen Gegner überzeugen. Die drei F könnten sich dabei als nachteilig erweisen. Wichtig bei einer Schlägerei sei es, möglichst unerkannt zu bleiben und Angst zu verbreiten. Dieser Ring sei so schräg, dass er in Erinnerung bleibe. 

Das solle so sein, hatte Fiffi erklärt. Ein Siegelring werde seit dem Mittelalter von Menschen der Elite getragen. In vornehmen Business- Kreisen sei der Siegelring heute genauso angesehen wie beim Hochadel. Er, als Mitglied der zukünftigen nationalen politischen Elite, sei auch berechtigt, einen Siegelring zu tragen. Der Ring habe tiefe Rillen und hinterlasse beim Zuschlagen ein Muster. Man werde bald viel von Fehu-Verletzungen seiner Feinde hören.

Ein guter Siegelring habe eben eine Signal- und Markierungsfunktion und man könne damit auch Briefe aller Art versiegeln. Mit Faden und Wachs habe man früher aus Briefen Dokumente gemacht. Er wolle dasselbe mit seinen Mails machen. Dazu brauche man aber einen germanischen Bildschirm, der Wachs, Druck und Hitze gut vertrage. Das wär doch mal eine Aufgabe für Studentenverbindungen, hatte Fiffi den Karl Apfel angefaucht.

Sein Siegelring jedenfalls hinterlasse Spuren, das habe er im Selbstversucht bereits erprobt. Er habe sich den erhitzten Siegelring solange gegen die Stirn gedrückt, bis die drei F auf seiner Stirn fest eingebrannt seien. Er sei somit in seinen Augen fast ein Halb-Gott, zumindest gehöre er der germanischen Elite an. England sei irgendwie auch Germanien, eben nur erweitert.

Kriegsnarben und Selbstverstümmelung: ein Siegelring wirft Fragen auf

Er habe sich über die Dackelfalten auf Fiffis Stirn schon  gewundert, hatte Karl Apfel trocken bemerkt. Er müsse sich als ein politisch Nationaler nun Gedanken machen, ob diese Brandmale als Selbstverstümmelung zu werten seien und somit als Ausdruck eines schwachen und debilen Charakters, damit ungermanisch und unerwünscht. Vielleicht seien die Brandmale aber auch als Kriegs-Bemalung zu werten und damit als Ausdruck germanischer Gesinnung nur zu begrüßen. Karl Apfel hatte Fiffi lauernd angesehen.

Fiffi hatte sich fest vorgenommen, Karl Apfel beim nächsten Freibier-Germanen-Geburtstags-Umtrunk im „Stammen Max“ mit seinem Siegelring zu bearbeiten. Karl Apfel pflegte bei diesen Gelegenheiten kräftig zu trinken und später zusammenzuklappen.

Der Fiffi Siegelring-Schlag Plan

Fiffi hatte somit einen Schlag-Plan, einen besiegelten Schlag-Plan sozusagen. Immerhin hatte der Siegelring eine Menge Geld gekostet und viel Hirnschmalz, um ihn in die Germanen-Strategie einzubinden. Fiffi fand, dass er ein genialer Feldherr und Planer sei, wenngleich heute noch in beschränktem Umfang. Hatte aber ein gewisser Adolf aus Wien in den 20er Jahren nicht auch bescheiden angefangen, damals als Postkarten-Maler. Er hingegen hatte bereits einen Siegelring und befand sich in Lauerstellung auf eine nationale Führungsposition und war bereits Hausmeister in einem Krankenhaus in Berlin-Mitte. Die Macht lag zum Greifen nahe.