Satire: Führer Fiffi

Teil der Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“

Fiffi und Alfred E. Neumann aus dem Satire-Magazin

Fiffi öffnete schwungvoll die Tür zum “Strammen Max“. Er hob lässig die Hand und zeigte dem Volk die rechte Innenhandfläche. „Moin Männer und Kameraden“ bellte er zackig und löste einen Sturm der Heiterkeit aus. Adolf Willwoll sah ihn herausfordernd an und fragte grinsend, ob ihm schon mal einer gesagt hätte, dass er wie Alfred E. Neumann aussähe, der aus dem MAD Zeitschrift, nur mit Glatze. Ferdinand Friedrich Fittner, von allen Fiffi genannt, schaute ihn vernichtend an und knurrte im hellen Tenor, das Lachen werde ihm schon noch vergehen.

„Einen Schnaps für Führer Fiffi“  rief Adolf dem Kneipenbesitzer Erwin zu, Freund und Führer der Männerrunde im „Strammen Max“.  Der stellte ein Bier und einen Schnaps vor Fiffi und erklärt ihm, er solle den Abend langsam angehen lassen und mit einem Herrengedeck starten.

Der Führer Fiffi Tagtraum

Fiffi stierte muffelig auf den  Tresen und startete seinen Lieblings-Tagtraum, den Führer Fiffi -Traum. Er hatte als Kind mit ungefähr zehn Jahren den Charly Chaplin Film gesehen „der große Diktator“, und danach hatte seine Berufswahl festgestanden. Er wolle Diktator werden, hatte er seinen verdutzten Eltern mitgeteilt. Er müsse den Film falsch verstanden haben, hatte ihm erst die Mutter erklärt, dann sein Lehrer und schließlich ein Kinderpsychologe. Fiffi aber ließ sich nicht beirren.

„Hier wohnt der Führer“, hatte er an seine Kinderzimmer Tür geschrieben. Darunter stand, etwas kleiner „Dies ist mein Reich“. Seine Eltern hatten da noch herzlich gelacht und erklärt, die Pubertät setze beim ihm erkennbar früh ein.  Bei Tisch oder Verwandtenbesuchen durfte über dieses Thema nicht gesprochen werden, es war den Eltern mehr als peinlich. Fiffi aber war es ernst gewesen und er hatte begonnen, nach seinem Reich Ausschau zu halten. Ein Führer war ja nun da, nämlich er, was noch fehlte war ein Volk und ein Reich.

Fiffi und die Rettung durch das Rote Kreuz

Dann hatte er mit fünfzehn Jahren einen Moped-Führerschein gemacht und dafür einen Erste Hilfe Kurs machen müssen. Das war sein Durchbruch gewesen. Der „Erste Hilfe- Lehrer“ war der Hausmeister seiner Schule gewesen, Hausmeister Krösken. Im Schulalltag eine Witzfigur, den Schüler hassten und der seinerseits Schüler hasste. In Rote Kreuz-Uniform aber war Hausmeister Krösken nicht wiederzuerkennen gewesen. Er hatte herumkommandiert, Witze gerissen und Verbände angelegt. Die Schüler hatte ihn respektiert. Fiffi war sofort dem Roten Kreuz beigetreten, er hatte sein Reich gefunden.

Mit fünfzehn Jahren hatte er dann in Rote Kreuz-Kursen gelernt, wie man ein Pflaster klebt und Verbände anlegt. Mit achtzehn hatte er dann anderen gezeigt, wie man Pflaster klebt, richtig verbindet. Mit zwanzig konnte er beim Unfall vor Ort entscheiden, wem geholfen wurde und wem nicht, er war manchmal Herr über Leben und Tod. Das tat ihm gut.

Mit fünfundzwanzig  organsierte er Seminare beim Roten Kreuz zum Thema Helfen und entschied, wer dort unterrichten durfte oder nicht. Fiffi hatte nun Macht. Er galt als Idealist und vielen sagten, er sei ein ganz Lieber. Doch Fiffi war nicht zufrieden. Sein Rot Kreuz-Reich war zeitlich begrenzt, sein Volk wechselnd in der Form von Kursteilnehmern. Da halfen ihm nur Tagträume, wie gerade jetzt am Tresen im „Strammen Max“. 

Im Tagtraum war er angekommen, er war Führer, man gehorchte ihm und zollte ihm Respekt. Mal nannte er sich vor dem Spiegel,zuhause in seinem Reich, Dr. Pflaster, dann den Heiler. Am besten gefiel es ihm im Tagtraum,  wenn sie ihn einfach Führer nannten.

Rote Kreuz oder Kleingarten: Fiffi muss sich entscheiden

Gut gefiel Fiffi am Roten Kreuz die Uniform. Eine Uniform war was Feines, fand er. Man ging unter in der Masse der anderen Uniform Träger. Denken war überflüssig und wurde ersetzt durch Befehle von Vorgesetzten. Wer sich brav verhielt und gut gehorchte, der durfte bald auch Befehle geben.

Fiffi hatte kurzzeitig überlegt, in einen Kleingartenverein Vorsitzender zu werden. Er hatte aber einige Kleingärtner im „Strammen Max“ kennengelernt und gehört, dass so ein Garten eine ziemliche Maloche sei. Umgraben, einsäen, ernten und dann wieder umgraben, einsäen … Er hatte einige Kleingärtner mit Hexenschuss im „Strammen Max“ erlebt und der Weg zum Führer im Kleingarten erschien ihm sehr weit und schmerzhaft. Und außerdem trugen die keine Uniform. Fiffi hatte sich entschieden, woanders Führer zu werden.

Fiffi modelt das Rote Kreuz um und schmeißt Führer-Lokalrunden

Als erstes hatte Fiffi im Tagtraum entschieden, würde er das Rote Kreuz ändern. Das musste schmissiger werden. Ein paar Haken an den Enden und das Ganze in Schwarz, farblich passend zum den drei F in seinem Siegelring. So gefiel ihm das Zeichen schon besser.

Im Tagtraum begrüßten ihn die Menschen seines Volks mit „Heil Fiffi“.  Er hatte im „Strammen Max“ vorgeschlagen, ihn auch so zu begrüßen. Die Kameraden dort machten das auch manchmal. Es kostete ihn aber jedes Mal eine Lokalrunde und das war auf Dauer zu teuer.

Fiffi wird Beauftragter für den Erste Hilfe Koffer im „Strammen Max“

Erwin hatte Fiffis Verzweiflung gesehen und eine gute Lösung gefunden, jedenfalls für den Anfang. Er hatte Fiffi zum Gesundheits-Chef im „Strammen Max“ ernannt, mit dem besonderen Aufgabengebiet „Erste Hilfe Koffer“. Da war immer was zu tun und Fiffi konnte von seinen Erfahrungen im „Roten Kreuz“ mächtig profitieren und an der Führer Karriere basteln.

Adolf Willwoll hatte öfter Kopfschmerzen, wenn er über seine Beziehung zu seiner Eva nachdachte. Hier hatte sich eine gute Mischung aus Aspirin und Wodka als sehr hilfreich erwiesen.

Der scharfe Rudi hatte einige Freundinnen liebestechnisch zu versorgen. Für ihn standen im „Erste Hilfe Koffer“ Testosteron Tabletten zur Verfügung. Diese in Kombination mit viel Coca-Cola, brachten Rudi immer wieder auf Trab, machten in scharf.

Für die Kleingärtner hielt Fiffi Muskel entspannende und Schmerz lindernde Tabletten bereit. Diese im Kombination mit Schnaps hatte schon manchem Gartenfreund wieder auf den Hocker geholfen.

Wenn Fiffi seine Saufkumpanen verarztete, waren meist alle bereit, ihn mit Chef anzusprechen und manchmal auch mit Führer. Das hing von der Bedürftigkeit seiner Volksgenossen ab. Von allen in der Kneipe, Führer genannt zu werden, gelang manchmal spät Abends und kostete ihn eine Lokalrunde.

Aber Fiffi war zufrieden. Er sagte sich, bislang sei noch kein Führer vom Himmel gefallen. Und seine Zuständigkeit für den „Rote Kreuz Koffer“ im „Strammen Max“ erschien ihm ein guter Anfang zu sein für den weiteren Führer-Werdegang in Berlin.