Satire: Merzi und die Paartherapie

Ausschnitt aus dem Satire-Buch: Friedrich Merz- Die Abenteuer von Merzi und Linni

Merzi lässt seine Sekretärinnen strammstehen

Schlecht gelaunt hatte Parteichef Merzi am Montagmorgen in Berlin seine Sekretärinnen strammstehen lassen. Ob er mit den Bleistiften trommeln solle, hatte er gebrüllt. Schreiben könne er mit denen nämlich nicht. Dann hatten alle Sekretärinnen vor seinen Augen die Bleistifte der ganzen Parteizentrale mit Messern aus der Kantine anspitzen müssen. Ob ihn dass spitz mache, hatte eine Brünette mit dunkler Stimme gefragt. Sie war von Merzi umgehend entlassen worden. So lasse er nicht mit sich umgehen, hatte er getobt. Hier mache ja wohl jede, was sie wolle. Heimlich war dann Linni, der Generalsekretär der DCBuH, der Demokratisch Christlichen Partei für Banken und Handel, trallala … angerufen worden. Zehn Minuten später hatte der mit Merzi bei einem Kaffee mit Schuss, nämlich bestem westfälischen Schnaps, ein Männer-Gespräch geführt.

Nach zwei erfrischenden Kaffees hatte Merzi erklärt, seine Frau drehe durch. Sie habe das ganze Wochenende nur herumgemeckert. Sie habe erklärt, er sei kaum noch zu Hause und wenn, dann rede er den ganzen Tag nur von Politik und von sich. Sie erinnere sich nicht, wann sie beide zum letzten Mal ein richtig schönes gemeinsames Wochenende erlebt hätten. Sie wolle den Merzi zurück, dem sie das Jawort gegeben habe.

Linni hatte Merzi traurig angeschaut. Das sei ein typischer Fall von Zwergen-Aufstand, hatte er erklärt. In seiner Bürger-Sprechstunde mehrten sich diese Fälle. Meist sei es der rechtschaffene Mittelständler, den es träfe. Erst seien die Energiekosten explodiert, nun die Ehefrauen. Was seine Frau denn eigentlich wolle. Habe sie einen anderen, sei sie in der Menopause oder fehle es am Geld fürs Shopping? „Schlimmer“, hatte Merzi geseufzt, seine Frau wolle eine Paartherapie.

Die Paartherapie

Umgehend hatte Linni das Krisen-Interventions-Team der DCBuH alarmiert. Das Codewort lautete „Kamerad in Not“. Dreißig Minuten später war das Team in Merzis Büro einmarschiert. Im Büro nebenan war ein Sauerstoff-Zelt aufgebaut worden. Eine Sonde hinter dem Ohr maß nun Merzis vitale Werte sekündlich. Seine Lieblings Coachin, Regina Wunderlich, war mit Blaulicht in die Partei-Zentrale gefahren worden. Nach einer Doppelportion Hirn-Koks, der Aktivierung eines neuronalen Ankers durch leichten Biss in die Zunge, hatte Merzi seine innere Stabilität wiedergefunden.

Ein Ausfall im Privat-Bereich passe überhaupt nicht ins Polit-Timing, hatte der DCBuH-Stabschef erklärt. Merzi solle erst einmal auf Zeit spielen, bis der Fall „Frau Merzi-Ärger“ klarer sei. Er solle sich doch erst einmal anhören, was sie wolle. Merzi hatte, im Kreis vertrauter Mitstreiter, seine Alltags-Form und Analyse-Kraft wiedergefunden. Paartherapie sei überbewertet, hatte Merzi finster erklärt und missverstehe das Wesen einer Beziehung total. Eine Beziehung sei ein Vertrag. Sagten zwei „I love you“ oder „Wie wäre es mit uns“ und passiere dann was, dann habe man schon einen Vertrag, nämlich zwei übereinstimmende Willens-Erklärungen. Wieso, weshalb, warum, sei dabei völlig uninteressant und ginge Dritte gar nichts an. Manche blieben einfach so zusammen, manche heirateten, manche schwörten sich für immer Treue. Das sei regional verschieden. Und wenn das mit der Liebe nicht mehr fluppe, dann sage man „Tschüss“ oder „Schluss“ oder „Ende Gelände“. Hätte die Beziehung eine Rechtsform angenommen, dann kämen noch andere Leute ins Spiel, wie zum Beispiel Rechtsanwälte. Die regelten den ganzen Papierkram, der entstehe, wenn Pastor und Staat sich einmischten.

Noch schlimmer sei es, wenn Paartherapeuten sich einmischten. Bei einem Rechtsgeschäft wie der Ehe zum Beispiel, sei das Warum eines Handelns, im Regelfalle rechtsunerheblich. Ein guter Ehevertrag regle alles. Das Motiv eines Handelns sei Privatsache. Er verstehe nicht, was Paartherapeuten wollten. Man müsse den Willen von Rechtsparteien respektieren und nicht daran herumdoktern. Säuerlich hatte Merzi seine Coachin angeschaut. Ob sie nicht eine gute Single-Börse für ihn wisse. Sie kenne ihn ja ein wenig und wisse, wie er ticke. Neue Runde, neues Glück hieße es doch im Casino so schön.

Das ginge gar nicht, hatte der Chef der Planung verstimmt erklärt. Er verspiele mit dieser Wild-West-Haltung die Sympathien vieler C-Wähler. Die Ehe sei mehr als ein Gutschein für Spaß und Quickies. So werde das nichts mit der Kanzlerschaft. Ein Kanzler-Kandidat der nicht mal seine Frau im Griff habe, sei keine glaubwürdige Führer-Persönlichkeit.

Die Therapiestunde

Und so war Merzi doch zum Paar-Termin erschienen. Er solle die Sache ruhig angehen lassen, hatte ihm Super-Coachin Regina Wunderlich geraten. Er könne sich auch verwanzen lassen, dann könne das Team in Echtzeit mithören, was abginge. Wenn er wolle, könne man dann zwischendurch miteinander telefonieren. Auf die Toilette dürfe man beim Therapeuten immer. Beim Gespräch hatte der Therapeut zuerst Merzis Frau gefragt, wie es ihr gehe, anstatt ihr gleich mal wegen Vertrags-Verletzung die Leviten zu lesen, wie Merzi erwartet hatte. Sie hätten sich auseinandergelebt, hatte seine Frau geklagt. Sie jogge in den letzten Jahren mehr und mehr allein in den Wäldern des Sauerlandes. Ihn kriegten keine zehn Pferde in den Wald, habe ihr Ehemann erklärt. Er kriege dort sofort Blähungen und schlechte Laune. Als Kind habe er dort viel spazieren gehen müssen.

Dann hatte sie laut geschluchzt und gejammert, immer sei seine Politik ihm wichtiger als sie. Es sei gar nicht mehr möglich, mit ihm zu reden. Sein Land brauche ihn, erkläre Merzi bei Kritik aufgebracht und laut. Außerdem sei das Land wichtiger als seelische Pupse, die quer säßen, habe er ihr erklärt. Und man müsse auch nicht über alles reden. Man könne das Leben auch zerreden, anstatt es zu genießen. Und gerade beim Thema Wald ziehe er es vor, zu schweigen. Dann war Merzis Frau in Tränen ausgebrochen.

Das müsse Mann und Frau sich ansehen, hatte der Paar-Therapeut mit sonorer Stimme erklärt und beiden ein Jahres-Vorzugs-Abo angeboten, inclusive eines Paar-Wochenendes und einer Paar-Massage. Merzi hatte erklärt, bevor er mit dem Therapeuten weiterrede, hier einen Seelen-Striptease hinlege, müsse der Therapeut sich selbst erstmal offenbaren. Wie sicher seien denn seine Daten bei ihm. Wie stark sei er demokratisch verankert und was sage die Schufa über ihn. Könne er überhaupt auf Augenhöhe mit ihm reden und kenne der Therapeut seinen Lebenslauf, der im Übrigen im Internet stehe.

Merzi hoch zu Ross

Der Therapeut hatte Merzi erklärt, er könne seine Bedenken gut verstehen und er wolle eigentlich Merzi nur zuhören, erst einmal. Er könne bestimmt von Merzi viel lernen. Merzi hatte dem nur zustimmen können. Und so hatte er losgelegt. Als Kind schon habe er Jäger werden wollen. Er habe sich hoch zu Rosse gesehen, mit rotem Frack und schwarzer Reiter-Hose. Er sei im Tross mit anderen Jägern unterwegs gewesen. Ein Jagd-Horn habe ertönt und es sei im gestreckten Galopp daher gegangen. Eine Meute schwarz-weißer Jagdhunde sei um die Jäger herumgesaust. Als Kind habe ihn regelmäßig eine Kopfnuss seines Vaters in die Wirklichkeit zurückgeholt. Es sei dann Sonntag nachmittags gewesen und die Familie habe einen Spaziergang gemacht. Der schwere Sonntagsbraten mit viel Sauerkraut und Pflaumen-Kuchen als Nachtisch hätte  bewegt werden müssen und so habe die Familie Merzi in den sauerländischen Wald hineingeknattert. Die Mutter habe immer eine Rolle Toilettenpapier in der Handtasche gehabt und ein Fläschchen 47/11. Merzi hatte sich dann gerne weggeträumt. Er hatte sich als Jäger daher reiten gesehen. Die wuselige Merzi-Familie war ihm wie eine Meute Hunde erschienen, die um seine Beine sausten. 

Der Therapeut hatte bedenklich dem Kopf geschüttelt und erklärt, er nehme bei Merzi eine starke Analfixierung wahr. Nach Sigmund Freud finde diese Phase frühkindlicher Sexualität eher vor der Phase der sexuellen Apathie statt. Aber man lerne nie aus. Merzi hatte den Therapeuten fassungslos angestarrt und ihn dann ein perverses Schwein genannt. Er sei glücklich verheiratet, hatte er gebrüllt und habe drei Kinder. Jetzt komme so ein linker Schwätzer, der sich Psychologe nenne, daher und wolle ihm Analsex unterstellen. Er sei nicht einmal satisfaktionsfähig, hatte er den Therapeuten angebrüllt. Dann hatte Merzi sich kräftig in die ausgestreckte Zunge gebissen, sich so einen Trip Hirn-Koks verpasst, wie es Dr. Wunderlich nannte. Dann hatte er alle fröhlich angegrinst.

Merzis Sieg nach Punkten, die DCBuh gratuliert

Dann hatte der Therapeut eine Pause verlangt. Wie es denn nun weitergehen solle, hatte er dann forsch gefragt. Merzi hatte eine Flash-back-Strategie vorgeschlagen. Wie in den guten alten Zeiten sollten seine Frau und er gemeinsam mit dem Motorrad durchs Sauerland knattern und sie solle sich dabei eng an ihn schmiegen. Dem sollte eine Fress-Orgie an seiner alten Pommes Bude in Arnsberg folgen. Zur Krönung des Tages sollten sie dann in Köln bei der Parfüm Firma 47/11 ein Bad im Parfüm Becken nehmen. Beide sollten dabei ins Parfüm-Bad pinkeln und sich dabei schmutzige Witze erzählen. Das sei voll geil hatte Merzi erklärt. Merzis Frau hatte gemeint, so erkenne sie ihren alten Merzi wieder. Nicht klug, aber originell Nicht charmant, aber sexy. Sie warte gespannt auf das nächste Wochenende. Das sei besser als ihr Plan B., weiterhin allein durchs Sauerland zu joggen und darauf zu hoffen, einen attraktiven Jäger oder Jogger zu treffen.

Linni und das Krisen-Interventions-Team der DCBuH hatten fernab in der Zentrale applaudiert. Das sei ein Sieg nach Punkten für Merzi, hatte der Planungschef erklärt und im Namen der Partei gratuliert.