Satire: Söder und die geheime Kanzlerrede

Ausschnitt aus dem Satire-Buch: Die Helden der CSU: Strauß, Stoiber, Seehofer, Söder

Das Top-secret-Video

Die Moon News Nachrichten-Agentur mit Sitz auf dem Mars war in die Studios des bayrischen Rundfunks eingedrungen. Die Antennen der Marsmenschen hatten die Neujahrsansprache des bayrischen Minister Präsidenten Markus Söder ebenso aufgezeichnet, wie die Kameras des Bayern-Funks. Im Vorspann hatte es geheißen, man höre nun die Ansprache des Deutschen Bundeskanzlers Markus Söder. Das Video war als top-secret eingestuft worden und lagerte in einem Extra-Stahl-Tresor in den Kellern der Staatskanzlei Bayerns. Kein Problem für die Marsmensch- Journalisten, die mit Röntgen-Augen durch die Tür geschaut hatten. „Geheim-Für den Tag X“, war auf dem Tresor geschrieben.

Söder sollte vorgeschlagen haben, die Beschriftung mit erprobter Apfelsinen-Geheimtinte vorzunehmen. Er hatte als Junge seine ersten Liebesbriefe mit dieser Tinte geschrieben. Der Schriftzug war wohlriechend und kostenfrei. Die Apfelsinen waren Teil des Frühstück-Paketes von zu Hause gewesen. Geschrieben hatte er die Briefe mit einem Füllfederhalter, den er tief in die Apfelsine gesteckt hatte, um daraus die gelbe Tinte zu ziehen. Das Besondere an dieser Geheim-Tinte war, dass sie nach wenigen Minuten getrocknet war. Das Papier roch danach sehr gesund und die Schrift war für immer nicht mehr zu lesen. Es hatte Söder stark gekränkt, dass er von den Angebeteten nie eine Antwort bekommen hatte, sie hatten die Texte nicht lesen können. Söder hatte sich wegen verschmähter Liebe dann der Politik zugewandt. Die Moon News jedenfalls behauptete es.

Deutschland in Not

Jetzt war Deutschland in Not, hieß es. Die Bundesregierung in Berlin habe Deutschland tief in die Scheiße geritten, behauptete der bayrische Stammtisch und die CSU. Die Bayern aber waren auf alles vorbereitet. Sie hatten die Lage analysiert und Maßnahmen ergriffen. Der plötzliche Rücktritt der Bundesregierung in Berlin erschien ihnen sehr wahrscheinlich. Darum auch die Neujahrsansprache des Bundeskanzlers Söder. Nur, keiner außerhalb Bayerns wollte sich einen Kanzler Söder vorstellen. Die CSU Bayerns aber hatte Begeisterung für alle Mitarbeiter und sonstige Abhängige befohlen.

Im CSU-Lager redete man den ganzen Tag von nichts anderem als von der Söder-Revolution. Sie seien nicht durchgeknallt, versicherten sich die CSU-Häuptlinge und Krieger gegenseitig. Sie seien höchst besorgte Patrioten-Revolutionäre mit einem gefestigten Weltbild, nämlich einem christlich-pyramidalen. Ganz oben stehe Gott, darunter der CSU-Chef, dann die CSU-Häuptlinge, dann die Unterhäuptlinge, dann das Fußvolk. Die Revolution werde geordnet durchgeführt werden, hieß es. Wenn die Revolution nicht legal möglich sei, müsse ein Wunder her oder sonst was. Der Tag X aber müsse und werde kommen. Als ihr Zeichen hatten die Revolutionäre der CSU das X gewählt. Das Zeichen Z war schon an die Russen vergeben.

Die böse Ampel in Berlin

Man müsse der rot-grün-gelben Koalition in Berlin, der sogenannten Ampel, den Stecker ziehen, forderten die X-Revolutionäre. Das Überfahren von Ampeln war in Bayern zum Zeichen des nationalen Widerstandes geworden. Es war Ehrensache, gelbe und rote Ampeln zu überfahren. Kollateralschäden seien unvermeidbar, hieß es. Das Überfahren von Rentnern, Kids oder Frauen sei nach Möglichkeit zu vermeiden. Migranten und Preußen seien zum Abschuss freigegeben.

Rings um die Staatskanzlei waren die Ampeln von revolutionären X Patrioten kurzgeschlossen worden. Dort war die „Dauerphase Schwarz“ ausgerufen worden. Es herrschten neue Verkehrsregeln. Zwei, Drei- oder Vierrädriges hatte Vorfahrt, wenn ein großes X das Gefährt zierte. Ein CSU im Kennzeichen berechtigte zur Vorfahrt und zu freiem Parken überall. Alkohol-Kontrollen duften dort nicht durchgeführt werden.

Die X-Revolutionäre und die von ihnen Abhängigen hatten sich so heftig mit scharfen Worten auf die Berliner Ampel eingeschossen, dass sich einige bereits im Krieg wähnten. Sie trugen Stahlhelme auf dem Kopf und Granaten am Gürtel. Sie hatten die Staatskanzlei zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Die Reihen müssten fest geschlossen werden, hatte es allerorts im X-Gebiet geheißen. „Tod den Verrätern“ hatten sie auf unendlich viele Kruzifixe in öffentlichen Gebäuden schreiben lassen, manchmal nur ein großes X.

Panik, Angst und Asyl

Einige nicht CSU-Journalisten hatten ihre Koffer bereits gepackt. Sie hatten über ihre Anwälte nachforschen lassen, ob andere Bundesländer ihnen als politische Flüchtlinge aus Bayern Asyl gewähren würden. Sie waren beim Dreh des Kanzler-Video dabei gewesen oder wüssten davon. Alle Redakteure hatten totale Verschwiegenheit schwören müssen. Man müsse alle Beteiligten blenden und ihnen die Zunge rausreißen, hatte ein Praktikant aus dem Irak gefordert. Sein Onkel, der Saddam Hussein, habe damit gute Erfahrung gemacht.

Die neue Hauptstadt Nürnberg

Im geheimen Video waren einige Neuigkeiten zu hören. Söder hatte  zuerst mit salbungsvoller Stimme alle Bayern und sonstigen fast Bayern begrüßt. Dann hatte er bekannt gegeben, dass die neue Deutsche Bundeshauptstadt nun Nürnberg heiße, aber auch das Schloss Neuschwanstein Teil der neuen Bundeshauptstadt sei. In einigen Jahren werde der gemeine Deutsche das verstehen.

Sein Motiv für Nürnberg sei Liebe und Verpflichtung. Er könne es seinen geliebten Hunden Molly und Bella nicht zumuten, im Smog-Loch-Berlin Gassi zu gehen und dabei von Straßenkötern aus aller Welt belästigt zu werden. Er könne auch nicht seinen Bäcker, seinen Zahnarzt und seine Tankstelle im Stich lassen und nach Preußen abdampfen. Es werde vielleicht einige Zeit brauchen, bis der Deutsche Untertan das verstehe, das werde man üben. In Zukunft werde viel mehr Wert auf Gehorchen als auf Verstehen gelegt werden. Gehorchen solle ein Leistungskurs in den Schulen werden.

Das Schloss Neuschwanstein 

Das Schloss Neuschwanstein, eines der bekanntesten, meistbesuchten und meistfotografierten Bauwerke der Welt solle das neue Bundeskanzleramt werden, so Söder im Video. Das Schloss war von dem bayrischen König Ludwig II. 1869 errichtet worden und war Ausdruck seiner Bewunderung für das Mittelalter. Söder teilte diese Bewunderung uneingeschränkt. Er könne sich vorstellen, als Markus I. und Kaiser von Deutschland hier einzuziehen und Deutschland wieder groß zu machen. Sollten die Preußen und anderes Gelichter sich ihm unterwerfen, sei er bereit, auch sie auf den Pfad von Moral und Anstand zurückzuführen.

Söder hatte, so die Marsmenschen, in der top-secret-Ansprache erklärt, zuerst müsse die Geschichte Bayerns umgeschrieben werden. Ludwig II. habe am 13. Juni 1886 im Starnberger See den Tod gefunden, hieß es dort bislang. Ab jetzt gelte, der König sei aus dem See wiederauferstanden und lebe nun als Markus I. mitten in Bayern. Gute Christen seien geübt darin, an Wiederauferstehungen zu glauben.  An der Story solle der bayrische Rundfunk mitarbeiten. „Dahoam is Dahoam und der König ist wieder da“, solle eine neue Serie im Bayrischen Rundfunk heißen, die alles erkläre. Auch die Rosenheim Cops müssten zu diesem Ergebnis kommen.

Tochter Floria und die Briefmarke

Dann müsse die Post dringend modernisiert werden. Als erstes brauche man neue Briefmarken. Man werde den neuen Söder-Adel in einer Briefmarken-Serie darstellen. Seine Tochter Floria werde zuerst verbriefmarktet, so sein Beschluss. Sie sei schön und klug, also ganz der Papa. Zum näheren Kennenlernen werde seine Tochter zuerst zur Miss Bayern gewählt werden, dann zur Miss Germany, dann zur Miss World. Die neue Briefmarke müsse aber auf jeden Fall selbstklebend sein. Der Gedanke, dass seine Tochter von jedermann abgeleckt werden solle, sei unerträglich, das sei Blasphemie. Wer dabei erwischt werde, dessen Zunge sei fällig. Dahingehend werde er das Strafgesetzbuch ändern.

Die Moon News Presse-Agentur mit Sitz auf dem Mars hatte das Video und ihre Reportage dazu weltweit verschickt. Karneval komme noch, hatten die Rheinländer kommentiert. Der SPIEGEL hatte sich interessiert gezeigt und die Nachricht an die Abteilung Science-Fiction und UFO weitergeleitet. Die US-Botschaft hatte von interessanten alternativen Wahrheiten gesprochen. Söder hatte die Wiedereinführung der Todesstrafe für den Verrat von Söder-Geheimnissen gefordert, so die Nachrichtenagentur Moon News vom Mars.