Satire: Gerd Schröder und kein „mea culpa“

Ausschnitt aus dem Satire-Buch:

Gerd Schröder und kein Asyl im Deutschen Bundestag

Die „Moon-News“ mit einer Adresse auf dem Mars hatten an deutsche Redaktionen eine Mail geschickt, das „Protokoll aus Hannover“. Die Quelle sei ein illegales Abhör-Protokoll, hatte es geheißen. Den Außerirdischen sei es gelungen, nicht nur die Worte, sondern auch die Gedanken vom Gerd und Kim Schröder aus Hannover zu protokollieren. Darin hieß es: Gerd Schröder habe getobt und die Kim sei auch mega aufregt gewesen. Bei „Ritter“, dem neuen Twitter für den Kavalier und Genießer nebst Anhang habe sie die Welt folgendes wissen lassen. Sie hätten nun einen Polizei-Wagen vor der Haustür stehen und die Wände von Gerds Ex-Haus seien beschmiert worden. Der Gerd  habe geklagt, er traue sich schon nicht mehr in sein Büro im Deutschen Bundestag. Da sei keiner mehr, die Mitarbeiter hätten alle gekündigt. Er habe geschluchzt, keiner habe ihn dort mehr lieb, keiner koche ihm dort noch einen Kaffee, keiner schreibe ihm mehr eine Rede und keiner von dort wolle ihn mehr mit dem Auto chauffieren. Er werde wohl demnächst per Anhalter in Hannover und in Berlin unterwegs sein. Gerd Schröder überlege, politisches Asyl zu beantragen, hatte die neuronale Spionage der Außerirdischen gemeldet. Gerd Schröder fühle sich in Deutschland politisch verfolgt. Seine politischen Freunde, außer den russischen, hätten ihn verraten. Er werde in der deutschen Presse dermaßen verrissen, dass er zu seinem psychischen Selbstschutz nur noch russische Nachrichten höre und die Nachrichten alternativer deutscher Patrioten. Diese hätten ihm nun angeboten, seine Reden zu schreiben.

Wegen seiner politischen Meinung, die er im übrigen seit Jahren gewinnbringend vertrete, werde ihm nun mit der Kürzung seiner Bundeskanzler-Rente gedroht, sein Büro im Deutschen Bundestag solle ihm genommen werden. Als Lobbyist sei das sein Aus. Er überlege, ob er Asyl beantragen solle und wenn ja beim wem und wenn ja für wie viele.

Doch was nütze das beste Asylrecht auf dem Papier, wenn es für einen Ex-Kanzler keine anständigen Asyl-Zimmer inclusive Zimmerservice im Deutschen Bundestag mehr gebe und keinen Fahrdienst zur Unterkunft. Er habe die Angela Merkel schon angefunkt, ob sie eine Klage vor dem internationalen Gerichtshof unterstützen wolle, wegen unwürdiger Unterbringung eines Ex-Staatschefs und der Verweigerung von angemessenem Asyl. Heute sei er dran, morgen vielleicht sie.

Aggressive Touristen aus der Ukraine

Dann hatte Gerd Schröder sich über die Situation im Allgemeinen beklagt und über eine Überfremdung im eigenen Land, so die „Moon News“. Eine Unmenge von Touristen aus der Ukraine überflutete zur Zeit das Land. Die schwenkten überall blau-gelbe Fahnen, trügen blau-gelbe Klamotten und neuerdings gebe es in einigen Cafés den Cappuccino auch in blau-gelb. Er nenne das aggressiven Kultur-Imperialismus. Er traue sich schon nicht mehr mit seiner Holden, der Kim, ein Tässchen Kaffee in einem schnuckeligen Café in Hannover-Mitte zu trinken. Früher hätten ihn die Kellnerinnen keck angeflirtet. Heuten könne es ihm passieren, dass ihn eine an und für sich schicke Kellnerin unfreundlich anschaue und sich unaufgefordert als Ukrainerin zu erkennen gebe und dann in blau-gelbe Taschentücher heule. Er könne die Farben blau-gelb inzwischen nicht mehr ab.

Russische Touristen und Kulturarbeiter mit Spezial-Auftrag

Er frage sich, ob es zu viel verlangt sei, dass sich auch ukrainische Touristen oder Reisende in Deutschland gut benähmen, egal aus welchem Grunde sie gekommen seien, ob zu shoppen oder um länger zu bleiben, weil zu Hause umgebaut werde oder sonst was. Der Ehefrau Kim, die er zärtlich So-yeon nenne, hatte Gerd Schröder, laut „Moon News“ erklärt, der Wladimir, sein alter Freund und Präsident Russlands, habe die zur Zeit zahlreichen russischen Touristen in der Ukraine angewiesen, immer achtsam aufzutreten und dass ihm keine Klagen kämen.

Die Kim habe erklärt, der Wladimir könne so entzückend sein. Sie habe vor kurzem ein Selfie aus Moskau geschickt, das mit den betenden Händen. Da habe sie dem Waldimir alles Gute gewünscht und natürlich auch allen Followerinnen. Der charmante Wladimir habe vor kurzem erklärt, es gäbe in der Ukraine russische Kulturarbeiter, die seien von der Ukraine angefordert worden zu einer Spezial-Operation gegen den Faschismus. Sollte einer dieser Kulturarbeiter mit Spezial-Auftrag zu heftig Frauen in der Ukraine beschulen, sei diese Zuwendung als überbordende Hilfe zu verstehen. Zu viel Liebe sei auch nicht gut, habe der Wladimir erklärt, ein wenig Strenge zeichne gute Eltern aus. Vor Ort entwickelten gerade russische Kulturarbeiter manchmal einen anarchischen Enthusiasmus. Der Wladimir könne da nichts zu, hatte der Gerd erklärt. Dafür seien Mitarbeiter aus dem russischen Mittelbau verantwortlich.

Klein-Groß- und Weiß-Russen und Gerd Schröder kennt kein „mea cupla“

Dann hatte die Kim getextet, so die „Moon-News“, der Gerd Schröder habe sich nichts vorzuwerfen, er sei politisch voll auf Kurs, jedenfalls auf russischem. Er stehe dort unter Vertrag und stehe auch dazu. „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“, habe er auf dem Bauch tätowiert. „Isch schwör“, hatte die Kim getextet.  

Gerd Schröder habe erklärte, so die „Moon News“,  sein Kumpel und Chef, der Wladimir Putin wolle eigentlich den Frieden, Krieg sei nicht sein Ding. Man dürfe ihn natürlich nicht keck provozieren und zu beachten sei Putins sensible Sicht der Dinge. Dann sei der Frieden greifbar nahe. Zu beachten sei also, dass die  Klein-Russen, diese würden sich gelegentlich als Ukrainer bezeichnen, Groß-Russen, das seien die russischer Bürger, von Natur aus unterlegen seien und historisch betrachtet sowieso. Irre westliche Influencer hätten den Klein-Russen über die Jahre versucht einzureden, es gebe so etwas wie die Gleichheit der Staaten. Modisch werde das auch Souveränität genannt und manche behaupteten sogar, es gäbe einen ukrainischen Staat. Auch wenn sogar Staaten das Gleiche erzählten und das Narrativ von der Charta der Vereinten Nationen verbreiteten, sei das Schnick-Schnack aus den 50er Jahren.

Zeitgleich habe es in den USA mal einen Super-Hype um die Elvis Presley Locke gegeben, auch das sei längst vergessen und von ähnlicher Qualität. Der moderne Mensch trage die Haare heute kurz oder habe eine kleidsame Glatze. So ein West-Influencer-Denken habe in einem Gesamt-Russland der Klein-Groß und Weiß-Russen keinen Platz.

Der Gerd hatte hinzugefügt, der Elvis Presley sei schon lange tot und seit langem swinge die Welt anders und alle swingten mit. Da müsse sich keiner für entschuldigen, das nenne man Zeitgeist. Sein Swing sei immer deutschland-freundlich gewesen. Er habe auch ganz billig beim Wladimir Gas für Deutschland eingekauft, der Volksmund habe ihn den „Gas Gerd“ genannt. Und das solle jetzt plötzlich nichts mehr wert sein? Er habe alles richtig gemacht, der Wladimir vielleicht nicht immer. Aber er müsse jetzt kein „mea culpa“ sagen, das sei nicht sein Stil. Und außerdem sei er nie Messdiener gewesen und Latein habe er auch nicht auf dem zweiten Bildungsweg gelernt. Bis vor kurzem hätten alle seine Geschäfte voll gut gefunden. Wandel durch Handel sei gut, habe es aller Orten geheißen und dass für eine gute Sache auch gutes Geld verdienen werden dürfe. Die Manuela Schwesig habe mit dieser Neider Bande jetzt denselben Ärger. Erst hätten alle die neuen Pipeline nach Mac-Pom toll gefunden und jetzt wolle man die Manuela dafür schlachten.

Die Freiheit der Andersdenken und der wohlwollende Blick auf den blau-gelben Po.

Dann habe Gerd Schröder sich einen Rotwein eingeschenkt und sei philosophisch geworden. Er habe ganz tief in die sozialistische Mottenkiste gegriffen und Rosa Luxemburg mit den Worten zitiert, „Freiheit, sei vor allen Dingen die Freiheit der anders Denkenden“ Das müsse aber auch für ihn gelten, habe Schröder gefordert. Eine US-Zeitung aus New York habe ihn einen Paria genannt. Er habe erst herzlich darüber gelacht und seine Frau habe geschmunzelt. Sie hätten an einen Schreibfehler geglaubt. Er sei kein Pavian habe die Kim ihm versichert, sie schätzt seine herbe Männlichkeit. Von zarten Chirurgen Händen habe sie sich viel zu lange in Korea betätscheln  lassen. Sie liebe eher das Handfest-Nordische. Aber ein Pavian sei er nicht. Er sei gut behaart und sie möge sein festes und immer noch dunkles Fell.

Dann habe ihnen aber jemand verklickert, dass die New York Times ihn einen Paria genannt habe. Das sei die unterste soziale Kaste in Indien. Das gehe gar nicht, habe die Kim erklärt. Der Gerd habe in seiner Biographie zwar erwähnt, sei seien in seinem Dorf die Asis gewesen und er habe in Kindertagen Kitt aus dem Fensterrahmen gegessen, wegen Hunger und so. Aber heute seien der Gerd und der Wladimir, der auch aus ärmlichen Verhältnisse stamme, Gourmets und voll die Gewinner. Man köne nur hoffen, dass die Welt an Gerds 80zigten Geburtstag die Reife besäße, Gerd Schröder als Staatsmann zu würdigen. Sie jedenfalls werde dann für Gerd eine Super-Party veranstalten.

Gegen die Ukraine habe keiner von beiden was. Der Gerd habe kürzlich einer Kellnerin wohlwollend  auf den blau-gelb gekleideten Po geschaut und ein voll krasses Trinkgeld gegeben. Und der Waldimir sei auch voll krass ok. Wenn der in bombiger Stimmung sei, entfache der eine ungeheure Sprengkraft an Männlichkeit. Der lege dann alles flach und das mit knapp siebzig Jahren. Wer das nicht glaube, solle mal die Nachrichten über die Ukraine schauen. Vielleicht sogar die RT-Nachrichten aus Russland. Die brächten die Bilder aus der Ukraine in die richtige Reihenfolge und erklärten sie im Sinne des russischen Kulturarbeiters.

Der besorgte Funker vom Mars

An dieser Stelle hatte das Protokoll der Außerirdischen geendet. Einige Zeilen hatte man am Ende der Seite noch gefunden. „Spinnen die Russen und ihre Kumpel jetzt total?“, stand dort geschrieben. Und die Frage, warum Wladimir Putin sich neuerdings Julius Cäsar Putin nenne und Gerd Schröder sich nun Gerhard Wicki Schröder. Die Unterschrift lautete, der besorgte Funker vom Mars.