Satire: Gerd Schröders spätes Vaterglück, der Siggi geht zur Deutschen Bank

Auszug aus dem Satire-Buch: Die vielen Seiten des Gerhard Schröder

Gerd Schröders sozialistische Wohnzimmerecke im Haus auf Borkum

Gerd Schröder verbrachte einige Tage in seinem Haus auf Borkum. Nicht nur Robben hatten die Insel zur Lieblings-Insel erkoren, auch Gerd Schröder war hier gerne Gast. Die kühle Brise der jodhaltigen Luft kratzte zwar im Hals. Aber die Vitamin-Kraft eines in bester Hanglage gereiften Rotweines des fernen Südens konnte hier eine abendliche Balance herstellen und den Geschmack des unvermeidlichen aber scheußlichen Tees aus koreanischen Landen vergessen machen. Alle drei in Kombination: Jod, Tee, Rotwein und der Mandelduft seiner Ehefrau Kim, am Abend genossen, verpassten ihm jene Seligkeit, von der als Kind schon geträumt hatte.

Und nun noch die gute Nachricht: der Siggi Gabriel hatte einen Platz in der Deutschen Bank bekommen. Der Siggi war ihm über die Jahre in der Politik fest ans Herz gewachsen, fast ein Sohn geworden. Und der hatte nun im Jahre 2020 nach unsteten Jahren des beruflichen Hausierens in der politischen Landschaft eine Festanstellung ergattert.

Gerd Schröder setzte sich in die sozialistische Ecke seines Wohnzimmers im Haus auf Borkum. Über einem roten Sofa hing eine rote Flagge, dazwischen  Bilder von Karl Marx und Willy Brandt. Beide Bilder waren in Öl gemalt und hatten inzwischen expressionistische Formen angenommen. Gerd Schröder hatte die Bilder irgendwann einem Maler in Auftrag gegeben. Die Bilder hatten aber schon einige Veränderungen hinnehmen müssen. Rotwein war über sie ausgegossen worden und in einer seiner letzten kreativen Phasen hatte Gerd Schröder mit einem schwarzen Filzstift quer über beide Bilder geschrieben, „Wer in der Jugend kein Sozialist ist, hat kein Herz. Wer es im Alter noch ist, der hat kein Hirn“. Unterzeichnet hatte er die Worte mit „UBK“. Das sollte heißen: ein unbekannter Künstler. Jetzt hatte der schnelle Gerd, so nannte er sich selber gerne, mit rotem Filzstift das „UBK“ übermalt mit „der Siggi“. Gerade hatte er mit blauem Filzstift hinzugefügt „IGA“. Das solle heißen, im geistigen Auftrag, hatte er seiner skeptisch schauenden Ehefrau Nr. Fünf, der Kim, erklärt. Dann hatte er erneut ihr Angebot abgelehnt, die sozialistische Ecke gegen einen asiatischen Ahnenschrein zu tauschen mit ganz vielen Räucherstäbchen. Er rauche gelegentlich eine gute Zigarre zum guten Rotwein, hatte er seiner Kim erklärt. Räucherstäbchen aber machten ihn ein wenig schummerig im Kopf, das könne er tagsüber nicht gebrauchen.

Der Siggi – ein  ewiger Vize?

Der Siggi sei immer so etwas wie ein Sohn für den Gerd gewesen, hatte seine Ex-Nr. Vier, die Doris, in einer launig blonden Minute dem Gerd erklärt. Oder so etwas wie ständiger Vize, dem Chef immer einen Schritt hinterher. Zuverlässig aber eben nur eine Kopie des großen Meisters.

Ob der Siggi auch so top wie der Gerd sei, hatte die freche Doris mal augenzwinkernd wissen wollen. Wie weit privat seine Vize Eigenschaften gingen, ob der Siggi den Gerd auch mal persönlich vertreten habe. Gerd Schröder hatte das empört zurückgewiesen. Er würde den Siggi niemals an seine Frauen ranlassen, hatte er die fesch-freche Doris angefaucht. Und sie verwechsle wohl Masse mit Klasse.

Der Siggi war dem Gerd  immer gefolgt. Er war unter dem Minister-Präsidenten Schröder in Niedersachsen Minister gewesen, dann selber Minister-Präsident.  Dann später hatte er Gerd Schröder als SPD-Chef beerbt und jetzt hatte auch er auch den Schritt ins Big-Business gemacht. Sigmar Gabriel saß nun im Aufsichtsrat der Deutschen Bank , hatte also auch die geistige Metamorphose vor einer grauen Juso-Larve zum bunt schillernden Business-Schmetterling durchlaufen. Gerd Schröder kicherte. Nun passte der Siggi sogar in die schicken schmalen Bänker-Blaumänner hinein, nachdem er sich den Magen hatte verkleinern lassen. „Das nenne ich mal einen eigenständigen Einsatz, mein Siggi“, hatte er gemurmelte und das Glas in Richtung rote Fahne gehoben.

Der Siggi hatte vor kurzem erklärt, er stünde dem Gerd Schröder menschlich und politisch nahe. Was das solle, hatte sich Gerd Schröder gefragt. Er war nach dem Angriff Putins auf die Ukraine 2022 unter Beschuss geraten und der Siggi schickte ihm nun über die Presse Grüße zu. Aber beim Siggi war er sich nie sicher gewesen, was der wollte und ob man es 2003 nicht beim Siggi-Pop hätte lassen sollen. Damals hatte die SPD Sigmar Gabriel zum Kulturbeauftragten der SPD bemacht, als Abfindung für die Abwahl als Ministerpräsidenten Niedersachsens, hatte die Presse geschrieben. Das Peter-Prinzip sei angewendet worden, hatte man gemunkelt. Gabriel sei in Niedersachsen bis zum erwiesenen Maß seiner Inkompetenz befördert worden. Ein Satiriker hatte behauptet, Sigmar Gabriel sei die Symbiose von Dick und Doof. Ob die Ukraine das als Entschuldigung für die Russland-Aktivitäten Gabriels als Wirtschafts- und Außenminister akzeptieren würde? Gerd Schröder hatte über die Presse keine Antwort auf Siggis Avancen gegeben.

Gerd Schröder wird philosophisch: money – money – money

Zwei Rotwein-Gläser später, war der Gerd philosophisch geworden. „Lieber Gott“, hatte er gemurmelt, „es ist keine Schande arm zu sein, aber eine besondere Ehre ist es auch nicht“. Mit dieser Weisheit aus dem Musical, der Fiedler auf dem Dach, hatte sich der Gerd auf dem roten Sofa ausgestreckt. „Wenn ich einmal reich wäre“, summte er vor sich hin. Er hatte gehört, er habe 20 Millionen Euro auf dem Konto, das Vermögen Putins hingegen werde auf 200 Milliarden US-Dollar geschätzt. Was hatte er verkehrt gemacht?

Beide waren in ärmlichen Verhältnissen groß geworden. Beide waren ehrgeizige Sportler. Schröder hatte in der Jugend gerne Fußball gespielt, seine Kumpel im Verein hatten ihn „Acker“ genannt, weil er auf dem Spielfeld so rumgeackert hatte. Geht nicht, gibt´s nicht, sei seine Parole gewesen. Putin hatte mit 15 Jahren bereits einen schwarzen Gurt im Judo gehabt und im selben Alter einem Mitschüler das Bein gebrochen. Manche verstünden nur Gewalt, hatte er seiner Lehrerin erklärt. Dann hatte Putin zum KGB gewollt und eine Art James Bond des Ostens werden wollen. Schröder hatte damals eine Lehre gemacht und den Kaufmanngehilfenbrief erworben, dann hatte er zwei Jahre in einer Eisenwarenhandlung als Verkäufer gearbeitet. Er war in dieser Zeit Mitglied der sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) geworden. Schließlich hatte er auf dem zweiten Bildungsweg im Siegerland-Kolleg das Abitur gemacht. Nach dem Abitur hatten beide Jura studiert. Putin war mit 23 Jahren Mitarbeiter im sowjetischen Geheimdienst (KBG) geworden, Schröder mit 32 Jahren Rechtsanwalt in Hannover. Gerd Schröder seufzte, immerhin hatte er mehr Frauen geehelicht als der Putin. Und sein Wissen um guten Rotwein sei auch größer, hatte er sich getröstet.

Morgen wollte er wieder einmal einen Nachmittag im russischen Teil des Wohnzimmers verbringen, hatte er sich vorgenommen. Hier glänzte ein  russischer Samowar neben einem großen Spiegelschrank. „Wodka ist Wässerchen des Lebens“, stand in sieben Sprachen auf dem Spiegel geschrieben. Sich zu Tode saufen, galt in Russland als anerkannte Problemlösung eines Mannes. Er hatte gehört, dass die Welt sich frage, ob ein sich zu Tode bekriegen eine Variante dieses Musters sei.

Die Kim hatte neben die Wodka-Weisheit mit Lippenstift noch was Koreanisches hinzu geschrieben. Das machte die Weisheit nicht weiser, aber internationaler und emotionaler. Gerd Schröder war auf der sozialistischen Couch eingeschlafen.

Erste Veröffentlichung 6.2.2020