Flüchtlinge-Abschiebungen-Gerechtigkeit: Martin Schulz und die SPD auf der Suche nach Antworten

Braucht Martin Schulz neue Ideale und Visionen?

Wer Visionen habe, solle zum Arzt gehen, erklärte Kanzler Helmut Schmidt im Jahre 1980 bewusst schnodderig und distanzierte sich damit von den Willy-Wählern und Willy Brandt-Fans in der SPD. Seine Politik war pragmatisch kühl.

Erhard Eppler, eine Gallionsfigur der linken SPD, hielt dem Ende 2016 entgegen, „Ohne irgendwelche Ziele in der Sache, Politik zu machen, ist ein stumpfsinniges Tun. Stellen Sie sich mal vor, wenn Willy Brandt nicht sich ein großes Ziel gesetzt hätte, wäre er auch nie ein großer Mann geworden.“

Kanzler Gerhard Schröder wurde 1998 als rot- grüner Kanzler gewählt. Es war ein Kontrapunkt gegen Helmut Kohl (CDU), verbunden mit viel Hoffnung auf eine ethisch fundierte Politik (sozial-ökologisch).

Gerhard Schröder entkernte die SPD mit der Agenda 2010 von ihrer Grundidentität, für die Armen und Bedrängten im Lande da zu sein, vom Ideal des Sozialstaates. Seine Politik, mit getragen von den damaligen Grünen, spaltet die SPD bis heute, kostet Glaubwürdigkeit und Wählerstimmen.

 Martin Schulz und die Vision einer gerechteren Welt

Nun ist Martin Schulz mit der SPD angetreten, die Macht im Kanzleramt zu übernehmen. Sein Auftreten – ein Polit Profi mit Herz und Kern – weckt bei vielen erneut Hoffnungen. In Zeiten der Angst verspricht er einen Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit und Stablität. Seine hohen Umfragewerte erschrecken die Regierungsparteien CDU/CSU.

Doch werden die Stimmen innerhalt und außerhalb der Partei lauter, Martin Schulz möge sich inhaltlich genauer erklären. Er möge seine magischen Botschaften: „soziale Gerechtigkeit“ und Politik für „hart arbeitende Menschen“ näher erklären.

Martin Schulz: wieviel Markt – wieviel Soziales?

Wie verhält sich die neue SPD unter Martin Schulz also zur Agenda 2010. Wieviel Markt und wieviel Soziales will Martin Schulz?

In Sachen Europäische Union wissen wir mehr. Immerhin arbeitete Matin Schulz 30 Jahre für Europa und hatte in der EU einen Chefposten inne (Präsident des Europäischen Parlamentes von 2012-2017). Die europäische Sozialunion ist schon immer ein SPD-Projekt gewesen und eine Vision.

Eine gerechte Weltwirtschaftsordnung und die Flüchtlinge: Chance für einen Neustart

Die 70 und 80er Jahre waren bestimmt von den Gedanken einer neuen und gerechten Weltwirtsordnung. Einer ihrer erklärtesten Vertreter war Willy Brandt. In der SPD sind diese Ideen heute existent, wenngleich nicht dominant.

Flüchtlinge als Ergebnis einer verfehlten Nord-Süd Politik zu sehen, könnte wieder gedankliche Struktur in die SPD bringen und Geschlossenheit. Hier anzusetzen ist für Martin Schulz eine Chance, die Flüchtlingsfrage neu zu denken und die SPD zu einer deutlichen Alternative zur bestehenden Regierungspolitik zu führen.

Die SPD in der Frage nach Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber, ein zerstrittenes Bündel an Ansätzen

Die inhaltliche Zerstrittenheit der SPD zeigt sich konkret bei der Frage, wie mit abgelehnten Asylbewerbern umzugehen sei. Die Bundesregierung, eine Koalition aus CDU/CSU und SPD hat deutliche Positionen.

„Streng gesetzlich“, solle es zugehen, sagen die einen in der SPD (SPD Fraktionschef Oppermann und Justizminister Maas) und wissen die Menschen mit dem Streben nach Sicherheit auf ihrer Seite.

Aber auch der CDU-Innenminister, Thomas De Maizière, will das und fordert mit Oppermann, auf die Länder Druck auszuüben, die abgelehnte Asylbewerber nicht aufnehmen, wie z.B. einige Maghreb Staaten. Das hatte Sigmar Gabriel schon im Januar 2017 gefordert.

Der CSU Entwicklungsminister Müller widerspricht dem. Das werde diese Region eher destabilisieren, sei kontraproduktiv.

Abschiebungen nach Afghanistan: Die Frage spitzt sich zu – SPD Landesregierungen entwickeln eigene Maßstäbe

Der Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern aus Afghanistan und deren Rückführung macht die Frage noch dringlicher.

Die Landesregierungen mit CDU/CSU Beteiligung schieben ab, wollen aber jeden Einzelfall rechtlich streng prüfen.

„Geht gar nicht“, erklärt Amnesty International, die Regierung in Afghanistan sei nicht in der Lage, das Leben ihrer Bürger ausreichend zu schützen.

Immer mehr SPD geführte Bundesländer leisten offenen Widerstand gegen die Abschiebung von Afghanen in ihre Heimat. In Schleswig Holstein, Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz wird zurzeit gar nicht abgeschoben, beziehungsweise lediglich Straftäter.

Hat Martin Schulz neue Antworten?

Nun ist Martin Schulz, ist die SPD gefordert. Mit Spannung sieht das Volk den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zu in Sachen Abschiebung und erwartet von Martin Schulz Antworten.

Martin Schulz und mit ihm die SPD muss sich Neues, vielleicht auch Altes einfallen lassen, um sehr viele Menschen auf längere Dauer zu überzeugen.