Friedrich Merz: Check von Körpersprache und Rhetorik 1. Teil

Ein Check mit Unterstützung der Neuropsychologie  

1. Teil:   Friedrich Merz: ein „machtvoller Spitzenbeamter im Kanzleramt?

2. Teil:   Neuro-Analyse von Friedrich Merz (folgt)

3. Teil:   Friedrich Merz und Narzissmus (folgt)

4. Teil:   Die Körpersprache von Merz im systematischen Check (folgt)

1. Friedrich Merz: Ist Merz ein System-Garant? Merz in Körpersprache und  Rhetorik umstritten

Die etablierten Parteien stehen vor der großen Herausforderung einen von Dritt-Parteien geplanten Systemwechsel abzuwenden. Sie müssen deshalb dem Wahlvolk überzeugende Kandidaten präsentieren. Im Falle von Friedrich Merz, der am 6. Mai 2025 zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde, stellt sich die Frage, ob er der richtige Kandidat ist, diese Herausforderung zu meistern. Im Detail stellt sich die Frage, warum Merz sich rhetorisch gut präsentiert – das sagen einige-, körpersprachlich aber so schlecht rüberkommt – sagen viele. Die Frage ist erlaubt, ob Merz es so schafft, das Wahlvolk von sich zu überzeugen und die bestehende politische Ordnung zu stabilisieren.Rhetorisch brilliere er seit vielen Jahren, sagt der Kommunikations-Trainer Michael Ehlers und bescheinigt ihm im Wahlkampf 2025 „Kanzlerformat“. Er sei für seine glänzende Rhetorik früher bereits mehrfach ausgezeichnet worden und gefürchtet gewesen. Reden sei unbestreitbar eine Stärke von Merz. „Rhetorisch begabt“, nennt ihn dagegen Journalist und Biograph Daniel Goffart im Jahre 2022.

Auf der Beziehungsebene, wo die Körpersprache ein wichtiges Signal ist, hat Merz unbestritten Defizite. Er sei bestenfalls bemüht, sagt Ehlers im Jahre 2023. Kommunikations-Trainer Stefan Verra erklärt 2025, Merz wirke wie ein „machtvoller Spitzenbeamter“, ihm fehle Motivationsfähigkeit und Emotionalität. Beim körpersprachlichen Ausdruck habe er noch viel Luft nach oben.  Seine Biographen Falke-Ischinger und Goffart urteilen 2022, Merz komme als Mensch in der Öffentlichkeit nicht gut rüber, in Debatten und Talkshows wirkte er trotz seiner rhetorischen Brillanz oft kalt und schneidend. Er könne im persönlichen Gespräch durchaus charmant und humorvoll sein, aber das Fernsehpublikum erlebe ihn so nicht, er habe ein Sympathie-Problem. Im Wahlkampf 2025 bescheinigt ihm Kommunikationstrainer Michael Ehlers „Empathie“ und spottet zugleich, „wer hätte gedacht, dass Merz auch Empathie kann.“

Bis zum Kanzleramt hatte Merz, in der körpersprachlichen Bewertung, einen langen Weg hinter sich. Körpersprachen-Fachmann, Steffan Verra, nennt das Auftreten von Merz 2018 „Zögernd und vorsichtig“. „Das zeigt sich gerade in den wichtigen Momenten, nämlich in denen, bevor er die Bühne betritt. Dort, wo die Nähe zum Publikum nicht durch Geländer, Rednerpulte und Mikrofone unterbunden wird, da gewinnen sie, die volksnahen Redner wie Papst Franziskus, Barack Obama oder Emmanuel Macron. Wenn Friedrich Merz durchs Publikum geht, tut er sich schwer, Kontakt zu den Menschen aufzunehmen. Kein Winken, ein sehr vorsichtiges Lächeln, kein Signal, das die Halle voller Delegierter mit Freude in sich aufnähme. Stattdessen ein scheuer Blick von unten, der zusammen mit seinem zögerlichen Nicken eher vermittelt, dass er das alles hier gar nicht will. Er wirkt, als vermisse er die gediegenen Vorstandssalons, die nur Ausgewählte betreten dürfen.“ Verra fordert von Merz, die Körpersprache der Wähler zu sprechen. Er schreibt, würde ein Nachbar mit der Merzschen Kopfhaltung, seinem Mininicken und der nur angedeuteten Grußgestik neben uns einziehen, wir wären nach 15 Jahren noch per Sie.“

2. Körpersprache und Neuropsychologie: die klinische Adelung alter Klassiker

Die vorliegende Analyse bezieht zur Optimierung der Bewertung von Friedrich Merz Elemente der Neuropsychologie mit in die Analyse ein. Neuropsychologie und Körpersprache gelten als eng miteinander verbunden. Es heißt, die Körpersprache sei ein Spiegelbild neuropsychologischer Prozesse. Der Neuropsychologe Michael Fischer erklärt 2023, die Steuerung der Körpersprache sei ein komplexer Prozess, an dem nahezu alle Hirnregionen und zahlreiche neuronale Netzwerke beteiligt seien. Die Körpersprache gebe dabei Aufschluss über Emotionen, Persönlichkeitsmerkmale und kognitive Zustände von Menschen. Die Neuropsychologie beschäftigt sich u.a., so die Gesellschaft für Neuropsychologie, primär mit den Funktionen des Gehirns wie z.B. dem Denkvermögen (bzw. der Intelligenz), der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis, dem Sprachvermögen, den motorischen Fertigkeiten, Persönlichkeits-/Verhaltensänderungen, emotionalen Störungen und visuellen Wahrnehmungsstörungen.

Festzuhalten ist, dass einige Körpersprachen-Analytiker vom Neuropsychologen Michael Fischer wertgeschätzt werden. Es handelt sich dabei um klassische Autoren, die seit langem bekannt sind, wie der Amerikaner Paul Ekman (Psychologe und Anthropologe) oder der Franzose Guillaume-Benjamin Duchenne (Physiologe). Beide beziehen im Streit um die Frage, ob Menschen eher durch biologische und genetische Vorgaben oder durch soziokulturelle Faktoren und Umweltbedingungen bestimmt werden, eine klare Position. Paul Ekman verlagerte seinen Schwerpunkt von der Körperbewegung auf die Mimik. Ekman entwickelte 1978 das „Facial Action Coding System (FACS)“, ein System zur objektiven Messung und Beschreibung von Gesichtsausdrücken. Sein bekanntestes Buch, „Telling Lies“, veröffentlichte er 1985. Laut Ekman sind die als elementar beschriebenen sechs Gesichtsausdrücke nicht kulturell erlernt, sondern genetisch bedingt.

Fischer nennt Mimik und Gestik „die stille Sprache des Körpers“. Guillaume-Benjamin Duchenne schrieb 1862 in Paris ein Buch über den „Mechanismus der menschlichen Physiognomie“. Das echte Lächeln wird nach ihm Duchenne-Lächeln genannt. Paul Ekman prägte das Konzept des Duchenne-Lächelns, welches ein aufrichtiges, freudiges Lächeln beschreibt, das durch die Kontraktion der Ringmuskeln um die Augen gekennzeichnet ist. Duchenne war der Wissenschaftler, der diese spezifische Muskelaktivität im Gesicht erstmals beschrieb.

Ekman steht er in der Tradition von Duchenne sowie von Charles Darwin. Laut Ekman lautet die zentrale Fragestellung heute wie damals, ob die Bewegung der Gesichtsmuskeln, wenn wir verlegen, traurig, zornig oder überrascht sind, durch Lernen erworben werden oder angeboren sind. Darwin vertritt die Ansicht, dass solche äußerlich sichtbaren Gefühlsregungen weltweit verbreitet und daher angeboren sind, dass auch andere Lebewesen zumindest einige dieser Emotionen besitzen und bestimmte Ausdrucksweisen von Tieren denen des Menschen ähneln.

1978 stellten die Autoren Ekman und Friesen das „Facial Action Coding System (FACS)“ vor. Grundlage dieser Mimik Analyse sind sog. Action Units (AU), Gesichtsbewegungen, die von einem oder mehreren Muskeln ausgeführt werden. Die Untersuchungen von Ekman haben u. a. Bedeutung für Psychotherapie, Filmindustrie und Kriminalistik. In den Folgejahren entstanden weitere Untersuchungen und Kategoriensysteme, auch für kommerzielle Zwecke, wie zur Diagnose der Gesichtsausdrücke von Flugpassagieren, so das Dorsch Lexikon der Psychologie.

Eine Renaissance erlebte das FACS im Jahre 2011 durch Dirk Eilert im „Wholeception-Objective Coding System“, einem Teil-System der Mimikresonanz, die laut Dirk Eilert im Jahre 2011 von ihm erfunden wurde. Eilert erklärt auf seiner Homepage: „Mimikresonanz stellt Ihnen ein wissenschaftsorientiertes Periodensystem der Körpersprache zur Verfügung, mit dem Sie unter Berücksichtigung der aktuellen Studien die nonverbalen Signale Ihrer Gesprächspartner: innen entschlüsseln und verstehen: das Wholeception-Objective Coding System.“ https://eilert-akademie.com/was-ist-mimikresonanz. Wie Ekman präsentiert auch Eilert Bilder mit Mimik-Emotionen. Im Internet heißt es dazu, Dirk Eilert sei „ein durch Paul Ekman zertifizierter FACS-Coder und betreibe die Eilert-Akademie, in der er Emotionen, Mimik und Mikroexpressionen lehrt, basierend auf Ekmans Pionierarbeit zu universellen Basisemotionen“. https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&q=eilert+und+ekman

Auf der Homepage von Dirk Eilert heißt es, „Das Mimikresonanz®-Konzept wurde im Jahr 2011 von Dirk W. Eilert, aufbauend auf den aktuellen Forschungs­ergebnissen aus Psychologie und Verhaltensforschung, entwickelt. Es wird ständig an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst“. Es heißt das Konzept gebe ein „ausgefeiltes Trainingskonzept an die Hand, um die emotionalen Signale eines Gesprächspartners bewusst wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und angemessen damit umzugehen. Dafür nutze man vorrangig die Signale der Mimik, aber auch die Körpersprache, Stimme und den Sprechstil. Es gehe stets darum, den Menschen als Ganzes zu betrachten. vgl. https://mimikresonanz.com/

Der Begriff Mimikresonanz kommt aus dem Bereich der Neurologie und gilt als ein Konzept für alle Akteure, die in der Begegnung mit Menschen mit Demenz tätig sind. Die Mimikresonanz von Dirk Eilert scheint nichts Neues zu sein, eher ein partielles Remake der Ideen von Paul Ekman. Fragt sich, ob die Hilfe der Neuropsychologie hier einen Mehrwert an Erkenntnissen über Friedrich Merz bringt. Das werden die folgenden Seiten zeigen.

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