Friedrich Merz und die Verhandlungskunst mit dem narzisstischen US-Präsidenten Donald Trump (2025)

Friedrich Merz führt Gespräche mit dem US-Präsidenten Donald Trump. Er handelt als deutscher Bundeskanzler und muss dabei mit denen verhandeln, die im Besitz der Macht sind. Verhandlungen mit US- Präsidenten zu führen war bislang für deutsche Bundeskanzler/innen nicht so schwer, wie mit Donald Trump klarzukommen. Mit einem in seiner Persönlichkeit gestörten US-Präsidenten musste sich bislang keiner auseinandersetzen. Dass viele Politiker eitel und selbstverliebt sind, ist eine Binsenweisheit, eine Binse, wie Journalisten sagen. Dazu fallen einem gleich Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder oder Silvio Berlusconi ein, Unternehmer und ehemaliger Ministerpräsident Italien. Dass ein Politiker in seiner Selbstverliebtheit klinisch auffällig wird ist keine Binse, sondern alarmierend. Reinhard Haller, einer der bekanntesten Psychiater und Psychotherapeuten Österreichs nennt Donald Trump einen „klassischen Narzissten“, einen in seiner Persönlichkeit gestörten Menschen.  Der Psychoanalytiker Dr. Hans-Jürgen Wirth nennt Trump 2016 bereits einen extremen Narzissten. Trump habe eine ganz ausgeprägte, eine krankhafte, übersteigerte Form des Sich-Selbst-Wichtig-Nehmens.

Gespräche mit dem Narzissen Trump zu führen, bedarf einer Gesprächsführung, die mittlerweile von vielen Politikern praktiziert wird, die auf eine Zusammenarbeit mit Trump angewiesen sind. Für das erste Treffen mit dem US-Präsidenten Donald Trump am 5.6.2025 hatte Merz trainiert, berichtet der ZFD Journalist Wulf Schmiese. Merz habe etliche Ratschläge bekommen für seine erste Begegnung mit Trump. Per Mail, SMS oder telefonisch hätten ihn Hinweise internationaler Kollegen erreicht, die ihre Feuerprobe im Oval Office schon hinter sich gehabt hätten. Tenor aller Tipps sei gewesen: ruhig bleiben, freundlich bleiben, ausreden lassen. Merz habe sich Treffen angeschaut, die für den Gast desaströs verliefen. Bei Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa habe Merz vor seiner Reise eigens angerufen.

Donald Trump gilt unbestritten als eine in hohem Maße narzisstische Persönlichkeit. Dahinter stecke die Psychologie des „einäugigen Königs“, sagt Haller: „Dieser ist nur dann noch der Herr im Ring, wenn er lauter Blinde um sich hat.“ Solche Menschen seien im Prinzip Ich-schwach und voller Selbstwertzweifel, sagt der Psychologe, weswegen sie nach außen hin „diese Hülle brauchen, diese Bewunderungspflicht auslösen bei den anderen Menschen und diese niedermachen, damit sie mit ihnen nicht auf Augenhöhe sein können.“

Ein klassisches Merkmal des Narzissten sei auch seine extreme Kränkbarkeit, so Haller: „Es heißt so schön: ‚Gott verzeiht, aber niemals ein Narzisst.‘ […] Das sieht man ja bei Donald Trump, wie er eben reagiert auf jegliche Form von Kritik, wie jede andere Meinung als Majestätsbeleidigung betrachtet wird, wie Mitglieder an seinem Kabinettstisch lauter Ja-Sager und Speichellecker sind und dementsprechend Kritik überhaupt nicht zugelassen wird.“ So jemand lasse sich auch nicht beraten, weil er jede Meinung, die nicht seine eigene sei, als Konkurrenz betrachte.  

Verhandlungsführung mit einem Narzissten

Merz scheint bei Trump die Regeln für den Umgang mit Narzissten zu befolgen, die Neurologen aufstellen. Er stellte sich bei den Verhandlungen auf die narzisstische Persönlichkeit Donald Trumps ein. Das psychologische Fachmagazin „Die Mediation“ rät, „wenn Sie einen Narzissten auf Ihre Seite bekommen wollen, sprechen Sie ihm Ihre Bewunderung aus. Achten Sie im Kontakt mit Narzissten auf Ihre eigene Körpersprache. Gehen Sie aufrecht, mit ruhiger Atmung und selbstbewusst in kritische Gespräche mit Narzissten. Wenn ein Narzisst Sie kritisiert, schalten Sie am besten auf “Teflonohr” und lassen Sie die Kommentare ohne “Haftung” durchziehen. Rechtfertigen Sie sich nicht. Ihre Sicht der Dinge interessiert ihn ohnehin nicht. Als Resümee heißt es im psychologischen Fachblatt, mit Narzissten sei es, wie mit einer dieser Kulissen in Westernfilmen. „Sieht nach außen hin eindrucksvoll aus, aber es ist leider nichts dahinter.“

Die Neurologie ist bei der Ursachenforschung in Sachen „Narzissmus“ zu keinen neuen Erkenntnissen gekommen. Es heißt, das Umgehen mit Narzissmus als seelischer Störung, die schon Sigmund Freud beschrieben habe, sei bis heute neurologisch nicht einfach. Eine evidenzbasierte Therapie gebe es noch nicht, sagt Wolfgang Maier, Präsident der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) im Jahre 2013. In einer Studie hat die Berliner Charité Narzissmus im Gehirn verortet. Sie entdeckte im Jahre 2013 bei Patienten mit narzisstischer Störung eine auffällige Struktur vor allem in der linken Inselregion: Die Nervenzellschicht war dort messbar dünner.  

Friedrich Merz und die NLP-Strategie

Friedrich Merz setzte beim Treffen mit dem Narzissten Trump vermutlich das Neurolinguistisches Programmieren (NLP) ein, um zu dem Ziel zu gelangen, von Trump akzeptiert zu werden. NLP wurde vom Psychologen Richard Bandler und dem Linguisten John Grinder Anfang der 1970er Jahre an der University of California entwickelt. Heute ist NLP eine verbreitete Methode der Kommunikation und des Verhaltenstrainings. NLP- Kommunikationstechniken ermöglichen – einfach dargestellt -, die Kognition von Menschen (Werte, Gedanken, Worte, Körpersprache) zu erkennen (sich kalibrieren). Darauf aufbauend soll der Andere gespiegelt werden (pacen). Dieser Prozess der fingierten Anpassung an den anderen soll, so NLP, einen andauernden guten Kontakt herstellen (einen Rapport). Laut NLP ist es möglich, solche „moments of excellence“ durch neurologische Reize (Worte, Blicke, Berührungen, etc.) im Gehirn zu speichern (ankern). Möglich ist auch, so NLP, bei Konflikten, den Rapport durch das Auslösen des Ankers wiederherzustellen (reframen).

Innerhalb der Wissenschaft gilt NLP als „Sammlung therapeutischer Ideen und Techniken, von den großen Meistern abgeguckt und systematisiert. (von Thun 1997). Andere nennen NLP einen „großer Bluff“ (Kanning 2015) und nicht nachgewiesen. Es sei eine Parawissenschaft heißt es 2021 seitens der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften.

Man kann den Umgang von Friedrich Merz mit Donald Trump eine Meisterleistung im Sinne eines NLP-Einsatzes nennen. Der Coup gelang, der US-Präsident mochte Merz. Kritiker sprechen von einem würdelosen Verhalten des Kanzlers Merz. Allein die Tatsache, Gnade in den Augen von König Trump gefunden zu haben, galt als diplomatische Meisterleistung.

Verlässlich im Sinne einer Trump-Konditionierung ist diese Strategie aber nicht. Donald Trump setzte danach sehr harte Zölle gegenüber der EU und damit auch Deutschland durch. Und trotz therapeutischen Umgangs mit Trump gelang es weder Merz noch der EU, Trump in eine gemeinsame Politik gegen Putin einzubinden oder in eine gemeinsame Strategie zur Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg.  Bleibt die bange Frage, was den Narzissten Trump stoppen kann.

Der Psychoanalytiker Hans-Jürgen Wirth, hoffte bereits 2016 darauf, dass Trump den Bogen soweit überspanne, dass er letztendlich scheitere und es ihm damit so ergehe, wie fast allen Narzissten, wenn sie eben den Bogen überspannen. Dass sie nämlich dann doch auf Widerstand stoßen oder sich selbst ein Bein stellen, weil sie auch ihre besten Freunde und Kumpanen vor den Kopf stoßen und schließlich von allen fallen gelassen werden.

Dr. Hermann Hagemann ist Politikwissenschaftler und Psychotherapeut. Er arbeitet als Coach und Trainer für Führungskräfte in Wirtschaft und Politik. www.hagemann-training.de