Kranke Flüchtlinge in der ärztlichen Behandlung: wie Medien berichten und wie die AfD mit ihnen Wahlkampf macht

 

Kranke Flüchtlinge: medizinische, moralische und rassistischste Ansätze in den Medien

Der Umgang mit Flüchtlingen im Bereich der Medizin ist in seinem Ansatz einem starken Wandel unterworfen. Zunehmend versucht die politisch Rechte, kranke Flüchtlinge für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. Der Blick auf die mediale Verarbeitung der Frage zum „Umgang mit kranken Flüchtlingen“ zeigt vier Sichtweisen. Es gibt den rein pragmatisch-medizinischen Ansatz, von positiven und negativen Erfahrungen geprägte Ansätze, einen zunehmend politischen Ansatz und einen stark ethisch geprägten Ansatz.

Der medizinisch-pragmatische Ansatz: Flüchtlinge sind fast normale Patienten mit guten Gesundheitschancen

Flüchtlinge sind, so die Ärztin Alexandra Jablonka im Jahr 2016, „fast normale Patienten“. Demnach leiden die meisten Flüchtlings-Patienten unter „banalen“ Erkrankungen. Etwa zwei Drittel der Flüchtlinge klagen über Atemwegserkrankungen, von denen 90 Prozent Erkältungskrankheiten sind. Häufig sind demnach auch Hauterkrankungen, wie Krätze oder Beschwerden des Bewegungsapparats.

Flüchtlinge gehen hohe Risiken ein, sagt ein Gesundheitsbericht des Robert Koch Instituts. Demnach legen Flüchtlinge oft große Entfernungen zurück, nicht selten unter schwierigen oder gefährlichen Umständen. Als besonders gefährdet gelten Flüchtlinge und Migranten ohne Papiere und legalen Aufenthaltsstatus (sogenannte „irreguläre“ Migranten). So haben beispielsweise Geflüchtete während des Asylverfahrens in Deutschland nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, trotz des Umstandes, dass Fluchterfahrungen immer schwer belastend sind und zu Traumatisierungen führen können. Migration, so scheint es, geht mit Gesundheitsrisiken einher und kann krank machen.

Der Bericht betont aber, Migranten seien andererseits besonders aktive und mutige Menschen, die ihr Leben selbst bestimmen wollen. Sie seien meist jung und im Vergleich zur Bevölkerung ihres Herkunftslandes überdurchschnittlich gesund. Im Vergleich zur Herkunftsbevölkerung, so scheint es, hätten Migranten daher besonders gute Gesundheitschancen.

Der zunehmend politische Ansatz: Die Afd und andere Rechte setzt auf Frust und Sozial-Neid

Die Diskussion um einen achtsamen und effektiven Umgang mit Flüchtlingen wird erschwert durch eine politisch bewusst herbeigeführte Neidkampagne unter sozial schwachen Gruppen. „Sind Asylbewerber Patienten erster Klasse“, fragt die AfD auf ihrer Internetseite „AfD-Kompakt“. Es heißt dort: „Menschen, die noch nie Krankenkassenbeiträge bezahlt haben, sind schlechter gestellt als Millionen Menschen, die noch nie zum Sozialsystem beitrugen“.Die Internet-Zeitung „Die Freie Welt“ fragt empört: „Stimmt es, dass Flüchtlinge mindestens so umfassend behandelt werden, wie deutsche Kassenpatienten?“ Michael Klonosky, Berater der AfD Faktion im Deutschen Bundestag, schreibt in seinem Blog: „An einem Privatpatienten verdient der Arzt also 2,3 Mal mehr als einem Flucht-Simulanten; an letzterem aber immer noch mehr (geschätzt 3- bis 5-mal mehr als im Schnitt) als an einem Kassenpatienten.“

Der letzte Verwandte Hitlers behandelt keine Flüchtlinge

Die taz berichtete 2016 vom österreichischen Arzt Tomas Unden, der sich weigerte Flüchtlinge zu behandeln. Gegen ihn hatte die österreichische Ärztekammer Anzeige erstattet. Er hatte vor seiner Praxis das Schild aufgestellt: „In dieser Kassenordination werden keine Asylanten angenommen.“ Die Behandlung von Grünen und Sozialdemokraten lehnte der Arzt aus Wien auch ab. Er bezeichnet sich als einer der letzten Verwandten Adolf Hitlers“.

2015 kam in Sachsen ein Arzt namens Schädlich mit dem hippokratischen Eid in Konflikt. Er erklärte, in seiner Funktion als AfD-Kreistagsmitglied, wenn er Ausländer behandeln wolle, wäre er zu „Ärzte ohne Grenzen“ gegangen.

Der sich wandelnde Ansatz auf Grund von Erfahrungen: good news is no news?

Der Ruf „Refuges are wellcome“ ist in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit leiser geworden. Im Bereich der Gesundheit wird in den Medien von Medizinern und negativen Erfahrungen mit Flüchtlingen viel berichtet, aber nur wenig über positive Erfahrungen. An dieser Stelle seinen einige der negativen Erfahrungen dargestellt, die in den Medien verbreitet wurden. Der Wahrheitsgehalt kann hier nicht überprüft werden.

Ein bayrischer Arzt, der jahrelang Flüchtlinge gut und gerne behandelte, stand 2018 im Mittelpunkt der Medien – von Bild bis Zeit – als er sich weigerte, weiterhin Flüchtlingen zu behandeln. Der Arzt, der anonym bleiben wollte, erklärte, die Flüchtlinge, die 2015 den Weg zu großen Teilen über die Balkonroute genommen hätten, hätten seine Anweisungen akzeptiert. Seine Eindrücke damals seien gewesen: „ Bis auf Fleisch wund gelaufene Füße, Beine voller Granatsplitter, Kinder in kachektischem Zustand, also ausgelaugt und abgemagert.“ Sie seinen dankbar gewesen. „Er erklärte – laut Berliner Morgenpost – viele seiner Patienten seien heute Medizintouristen, die in seiner Sprechstunde schon mal Viagra forderten und dann wütend würden, wenn sie das Medikament nicht bekämen.

Laut „ZEIT-online“ erklärte der Arzt, keiner seiner heutigen Patienten sei vor einem Krieg geflohen. Viele halte er für „Medizintouristen“. Manche habe er im Verdacht, mit den Medikamenten zu dealen, die er ihnen verschreibe. Einer habe kürzlich ein Messer gezückt. Laut „Bild“ erklärte er 2018, die Patienten in seinem Wartezimmer aus einer Asylbewerber-Unterkunft, seien „frech und fordernd“.

Es gibt einige weitere Berichte in den Medien über den Wandel von Handlungsansätzen von Ärzten und ihrem Frust. Es ist dabei oft schwierig zu unterscheiden, wo der Bericht aufhört und der Kommentar beginnt. Ein guter Journalismus unterscheidet dort. Die Internet-Zeitung EPOCH TIMES zitiert 2015 eine tschechische Ärztin: „Viele Migranten würden sich wie „Tiere“ benehmen, vor allem die aus Afrika. Weibliche Ärzte hätten Angst, diese Männer zu behandeln.“ Diese Aussagen schocken und sagen gleichzeitig viel über die Medien aus, die diese verbreiten. Michael Spreng, ehemaliger Chefredakteur im Bild-Milieu, erklärte im September 2018, die Bild-Zeitung sei heute eine „Vorfeldorganisation“ der AfD.

Widerstand gegen rechte Hetze im Netz und in den PrintMedien

Es gibt Widerstand gegen diese Art der Berichterstattung. Die Grünen in NRW haben sich kritisch auch mit einigen der Vorwürfe gegen Flüchtlinge auseinandergesetzt. In ihrer Schrift „Fakten gegen Parolen“ rechnen sie mit den Neidparolen gegen Flüchtlinge ab. Einzelne Berichte über Flüchtlinge, die in den Krankenhausbetrieb positiv integriert wurden, stimmen hoffnungsfroh. So etwa der Bericht aus dem Jahren 2017 über einen 26 Jahre alten Flüchtling aus Eritrea, der in Ludwigshafen im Krankenhaus mit Freude mitarbeitet. Aber wie heißt es im Journalismus „good news is no news“. Das sollte man ändern!

Der stark ethisch fundierte Ansatz: Menschlichkeit braucht gute Prinzipien und Klarheit

Kontrastiert wird der vorwiegend negative politische Ansatz durch eine ethische, im Menschenrecht und Christentum verankerte Haltung, wie sie beispielsweise die Ärztin Thea Jordan zeigt. Die Ärztin im Rentenalter behandelt in einer Kreuzberger Kirche Flüchtlinge kostenfrei. Thea Jordan sieht einen Wandel im Gesundheitszustand der Flüchtlinge. Im Interview mit der Journalistin Monika Herrmann sagte sie 2018: „Als ich anfing mit dieser Praxis, gab es wenig psychisch Kranke. Das war so der Zeitpunkt, als die Patienten, die als Flüchtlinge kamen, noch Hoffnung hatten, auf einen Neuanfang in Deutschland. Sie wollten etwas erreichen, haben dafür auch gekämpft. Das hat die psychischen Störungen erst mal zurückgedrängt. Die Patienten kamen deshalb überwiegend mit körperlichen Erkrankungen. Jetzt stelle ich mehr und mehr psychische Erkrankungen bei ihnen fest. Der Grund: Sie haben kein für sie sichtbares Ziel, sie leben ohne Struktur, sind enttäuscht, wissen nicht, was sie in Deutschland erwartet. Das macht sie krank. Viele brauchen professionelle Hilfe.“

Als Gründe für den schwierigen Umgang mit Flüchtlingen als Patienten nennt sie u.a.: Sprachbarrieren und die fremde Kultur, ein anderes Krankheitsverständnis, den Wusch vieler Geflüchteter über ihre psychische Erkrankung nicht reden zu wollen, die Angst von Patienten, durch bestimmte Krankheit stigmatisiert zu werden, weniger wertgeschätzt zu sein.

Die Ärzte-Verbände sagen „ja“ zur Moral

Die Bundesärztekammer bezieht hier eine eindeutig klare Position der Menschlichkeit, die dem hippokratischen Eid verbunden ist. Sie zitiert eine Resolution der Word Medial Association (WMA): „Ärzte haben die Pflicht, einem Patienten unabhängig von seinem zivilen oder politischen Status angemessene medizinische Versorgung zukommen zu lassen und Regierungen dürfen weder das Rechts des Patienten auf eine derartige Versorgung, noch die Pflicht des Arztes allein auf der Grundlage des klinischen Bedarfs einschränken.“

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe sagt es auf ihrer aktuellen Homepage glasklar und ethisch fundiert: „Die Hilfebereitschaft und das Engagement von Ärztinnen und Ärzten sind bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen immens groß. Mit einem „Runden Tisch“ wollen Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigungen und die Bezirksregierungen im engen Schulterschluss Rahmenbedingungen für eine effektive medizinische Versorgung der Flüchtlinge schaffen.“

So sieht Ethik aus, so können wir in den Spiegel schauen!