Martin Schulz und Körpersprache: bewegende Momente

2017- ein Schicksaals-Jahr für Martin Schulz

Im Jahr 2017 wurde Martin Schulz von seiner Partei, der Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD) mit 100 Prozent der gültigen Stimmen zum Kanzlerkandidaten gekürt. Er erlebte einen kurzzeitigen Höhenflug der Popularität, erreichte bei der Bundestagswahl im September 2017 aber nur 20.5 Prozent der Stimmen, das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte. Am 13. Februar 2018 erklärte er seinen Rücktritt vom Amt des SPD-Parteivorsitzenden. Martin Schulz zeigte einen beieindruckenden Wahlkampf.  Körpersprachlich ist er ein Ausnahmepolitiker, dem es trotzdem nicht gelang, den Wahlsieg davonzutragen. Seine Körpersprache verdient Beachtung.

Martin Schulz und das Lächeln

Bei Martin Schulz steht das Lächeln im Vordergrund. Die Print Medien stellen seine Mimik in den Vordergrund und da hat er was zu bieten. Das Lächeln hat allgemein zwei wichtige Botschaften:  „Ich stelle keine Bedrohung dar“ und den Appell: „Akzeptiere mich auf persönlicher Ebene“.

Martin Schulz stellt sich als Mensch-Schulz dar und das wirkt, wenn das Lächeln echt ist. Beim echten Lächeln sind die Ringmuskeln um die Augen herum aktiv, es zeigen sich Lachfalten. Sonst wirkt ein Lächeln kalt. Diese Botschaften empfängt unser Großhirn unterbewusst in der Abteilung Gefühle. Das Gesicht von Martin Schulz hat viele Falten und auch um die Augen herum.

Lächeln beeinflusst das menschliche Miteinander positiv. Ein Lächeln wirkt nicht nur ansteckend, es vermittelt auch gute Stimmung. Englische Wissenschaftler fanden heraus, dass angelächelte Menschen das Lächeln erwidern, es spiegeln.

Die Rede ist vom „ Spiegelneuron“. Dieses Spiegelneuron im Gehirn ist zuständig für die Erkennung von Gesichtern und Gesichtsausdrücken. Es löst beim Menschen eine sofortige spiegelbildliche Reaktion aus. Wir kopieren den Gesichtsausdruck, den wird sehen, wir lächeln zurück.  Dem echt lächelnden Menschen vertrauen wir.

Bei Martin Schulz „funktioniert“ das Lächeln. Die Zustimmung in der Bevölkerung war zeitweie enorm. Seine Beliebtheitswerte reichten 2017 zeitweise an die der Kanzlerin Angela Merkel heran. Es wurde vom einem „Schulz-Hpype“ gesprochen.

Martin Schulz und die Augen und die falsch sitzende Brille

Mund und Augen sind die bestimmenden Elemente der Mimik. Hier punktete Schulz und erlaubte sich einen Fehler.

Martin Schulz wählt beim Gespräch den direkten Blickkontakt. Er strahlt bei Pressefotos in die Kamera. In westlichen Kulturen gilt direkter Blickkontakt als wichtig. Wenn eine Person ihren Partner nicht anblickt, wird sie für unaufrichtig gehalten. Man sagt, einem Menschen, der dich nicht ansieht, sollst du nicht trauen.

Die Augen-Partie war bei Martin Schulz von einer Brille dominiert, die eigentlich falsch saß. Eine Brille sollte mit den Augenbrauen abschließen. Sind die Augenbrauen hochgezogen, wirkt das ein wenig Oberlehrerhaft. Das Brillengestell war eher bruchsicher als elegant, wirkte wie ein Kassengestell. Aber es zeigte, den Martin Schulz als Mann von nebenan.

Voller  Mund und hohe Stirn

Die strengen Augenbrauen und das „Kassengestell“ des Jahres 2017 ind von einem sinnlichen Munde kontrastiert. Volle Lippen und makelloses Zähne ergänzen die Geschichte vom Rheinländer, der gerne Karneval feiert und auch ohne Alkohol seit vielen Jahren in Stimmung kommt. Volle Lippen stehen für Humor und wirken manchmal komisch, sagen Experten der Köpersprache. Die hohe Stirn gilt als Zeichen für Intelligenz, Vernunft und Denkfreudigkeit.

Hier erwartete das Volk nun einiges von ihm. Seine Mimik war ein Versprechen, dem  Taten folgen sollten.

In der Gestik souverän und echt

In der Gestik wirkt Martin Schulz oft sicher und souverän. Er zeigt in der bewussten Rede Professionalität. Wir sehen betonte Gesten zwischen Mund und Nabel. Bewegungen, die ruhig sind, lebhaft und  kontrolliert.

Wird es lebhafter, kann er auch schon mal die Beherrschung, die Contenance, verlieren.  Etwa im Juli 2003, als im Silvio Berlusconi ihm Europa Parament vorschlug, er solle die Rolle des Kapos in einem KZ-Film übernehmen.

Fassungslos fuchtelte Schulz mit einer Hand in der Luft herum, er schaute um sich im Plenum um, der Blick Hilfe suchend. Er wirkte überzeugend betroffen. Berlusconi musste sich entschuldigen. Die Welt hatte Martin Schulz kennengelernt und fühlte mit ihm.

Haltung/Stand und Sitz: Martin Schulz punktet

Haltung/Stand und Sitz zeigen die Echtheit des Menschen Martin Schulz. Schulz dagegen zeigt die Vielfalt menschlicher Haltung. In Talkshow kann er durchaus unsicher und schwach wirken, wenn er selbst um Lösungen ringt. Er zeigt ein aktives Zuhören und dabei macht er sich eher klein, zieht auch mal die Schultern hoch, hält den Kopf schräg (die Demutsgeste). Er muss nicht immer Siege sein und das wirkt sympathisch.

Doch wenn er sich selbst vertritt, sich und seine Partei darstellt, denn wirkt er sicher und souverän. Er zeigt aufrechte Haltung, Schultern und Kopf sind gerade aufgerichtet.

Er steht stabil und ruhig auf beiden Beinen da, die Füße schulterbreit auseinander gehalten. Er füllt die ganze Sitzfläche aus, wie aus dem Lehrbuch der Rhetorik und vielleicht hat er das auch so gelernt. Das ist nicht verboten.

Doch dann es gibt auch die Momente in denen er dann wieder erfrischend authentisch wirkt, wir können sogar von „heiligen Zorn“ sprechen, der ihn mitreißt.

Im März 2016 wies er als Präsident des EU-Parlamentes den griechischen Abgeordneten Synadinos, einen griechischen Neonazi, aus dem Saal, als der sich rassistisch geäußert hatte. Da hat Martin Schulz den Oberkörper weit nach vorn gebeugt, die Muskulatur ist stark angespannt, seine Atmung ist intensiv. „Tiger auf dem Sprung“ heißt diese Position, sie zeigt Martin Schulz im kontrollierten Angriffs Modus. Er erklärt, das sei nun so beschlossen und seine Körperhaltung drückt das eindeutig aus. Schließlich veranlasst er unter dem Applaus des Parlamentes, dass Saaldiener den zögerlichen Abgeordneten hinausbegleiten.

Die Stimme: Charakter und Stimmung werden hörbar

Die Stimme ist für manche Menschen und gerade für die älteren der wichtigste Indikator, Menschen zu bewerten. Frauen über vierzig bewerten einen Mann vielfach nach seiner Stimme und hier zeigt Schulz Perfektion ohne unsympathisch zu wirken.

Er wirkt sicher und souverän, indem er die Lautstärke der Situation anpasst. Er hat eine deutliche Aussprache und abwechslungsreiche Sprechmelodie. Sein rheinländisch, das mit ihm manchmal durchgeht, wenn er emotional hefig wird, brachte EU-Dolmetscher zur Verzweiflung. Doch Schulz ist eben Mensch und keine Maschine.

Wenn er als Profi spricht, bewusst und beherrscht, dann ist sein Sprachtempo ruhig, er macht angemessene Pausen. Doch auch hier zeigt sich wieder, der Mensch Schulz schimmert beim Polit-Profi Schulz immer wieder durch.

Als er im März 2016 den griechischen Abgeordneten Synadinos, den griechischen Neonazi,  aus dem Saal wies und  einige Europa feindliche Abgeordnete lautstark dagegen aufbegehrten, da rief er in diese Gruppe hinein, wer nun mitgehen wolle, der könne das tun. Einem Abgeordneten dieser Gruppe bot er Beruhigungsmittel an.

Dabei wurde seine Stimme überlaut, seine Sprechmelodie wurde ausrufartig, er fiel ansatzweise in den rheinischen Dialekt zurück. Das zeigt einen Menschen im Stress Modus, gleichzeitig aber auch seinen wahren Kern.

Das aber sind die seltenen Momente in Politikerleben, in denen sichtbar wird, warum einer in die Politik geht. Hinter der Fassade der durchstudierten Tagesordnung des EU- Parlamentes wurde Leben sichtbar und Charakter.

Fazit: Martin Schulz ist körpersprachlich ein Polit-Profi, mit Herz und Kern

Alles in allem ist Martin Schulz körpersprachlich ein Polit- Profi, der sich gut einstudiert verhält und dennoch keine Politiker Schablone geworden ist. Er zeigt in vielen Momenten, dass Politik ihn berührt und dass er sich berühren lässt.

So in dem Moment, als die SPD Bundestags Fraktion ihn mit Dauer- Applaus ( standing Ovations) stürmisch und stehend begrüßt. Da wischt er sich gerührt eine Träne aus dem Auge und für einen Moment versagt die Stimme.

Eigentlich sollte Martin Schulz, so der Plan der SPD, im Wahlkampf des Jahres 2017 in der Sache und körpersprachlich überzeugen. Es gelang nicht, dem steilen Aufstieg folgte ein tiefer Fall. Unvergessen aber werden ergreifende politische Momente bleiben, kombiniert mit authentischer Körpersprache.