Satire: Der Hunde-Trainer

Ausschnitt aus dem Satire-Buch: Hotte-Hoppe-Heiter

Hotte geht nicht an die Haustür und Moor-Wasser in Münster

Es hatte lange und andauernd an Hottes Wohnungstür geklingelt. Hotte Hottrecke, ein Vermieter aus der Dom-Stadt Münster, hatte gelernt, Tür-Klingeln zu überhören. Zu oft hatten nervige Mieter aus dem Haus ihn mit immer denselben Beschwerden in seiner Ruhe gestört. Eine Dauer-Beschwerde lautete, das Wasser aus dem Wasserhahn sei braun und schmecke seltsam. Wie oft hatte er erklärten müssen, das Wasser-Münsters sei nun mal ein Moorwasser. Münster sei in einer moorigen Gegend gelegen. Und Moor-Wasser sei bräunlich, wenn naturbelassen. Das farblos, chlorige Wasser der Nachbarn sei mindestens 100 mal durch fremde Nieren gelaufen, bevor es dann, mit Chor vergiftet, einen weiteren Durchlauf als Kaffee, Tee oder Suppe starte. Die Behauptung, sein Haus-Wasser sei durch alte Kupferrohre aus dem Jahren 1913 verseucht, sei absurd. Kupfer sei farblos- und geschmacklos. Wer das nicht glaube, der könne ja mal einen alten Pfennig in den Mund nehmen. Die Wasser-Analysen des Mieters Ferdinand seien wertlos, weil ohne sein Einverständnis durchgeführt.

Kurt Dammrog ist auf den Hund gekommen

Doch der aktuelle Klingler vor der Tür hatte sich nicht abweisen lassen. Als Hotte ein Wolfsheulen imitiert und laut geknurrte hatte, war von draußen ein Hundebellen zu hören gewesen, in der Tonlage eines Pudels. Die Neugierde hatte Hottes Abneigung gegenüber Mietern besiegt und er hatte die Haustür aufgerissen, sein Jagd-Gewehr in der Hand.

Ein großer, fülliger Mann mit gelocktem, schütteren Haar hatte ihn herausfordernd angesehen und erklärt, er solle ihn herzlich von seinem Anwalt grüßen. Dr. Theodor von Torf, von Hotte auch kurz das Törfchen genannt, war ein alter Schulfreud von Hotte und seit Jahren sein Anwalt mit dem Spezialgebiet Mietrecht.

Mit Blick von oben herab, hatte der gelockte Dicke erklärt, er sei ein Hunde-Trainer, sein Name sei Kurt Dammrog, Freunde dürften ihn Kurti nennen. „Jetzt kommt Kurt“, hatte er geträllert und den Kopf in den Nacken geworfen. Er sei ein erfolgreicher Hunde-Trainer und bei Jagd-Freunden sehr beliebt, hatte Kurti erklärt. Er habe zum Bespiel den Dackel vom Doktor von Torf, den Waldi, therapeutisch wieder hingebogen. Der habe bei der Fuchs-Jagd nicht mehr in Fuchsbauten kriechen wollen. Statt dessen habe er Holzstückchen vor den Fuchsbauten im Sande vergraben. Dr. von Torf sei kurz davor gewesen, die Flinte auf den dekadenten Jagdhund anzulegen.

Er habe dem Dackel sein liederliches Hunde-Leben ausgetrieben. Der Waldi sei nun wieder ein hochmotivierter Fuchs-Jäger. Rotem Haar oder Fell wolle der Waldi nun sofort an den Kragen. Alle rote Pelze, Pelzjacken und Schals im Hause der Torfs seien von ihm zerfetzt worden. Nun mache der Waldi beim Gassi gehen auch Jagd auf Menschen mit Henna-gefärbtem Haar. Weitere Waldi-Therapie-Stunden seien vereinbart worden. Der Waldi sei in der Hundehütte eingesperrt worden.

Kurti auf Wohnungssuche und der Suche nach der richtigen Partei

Er sei auf Wohnungssuche. Seine Frau habe sich zu einem sturen Hundefeind entwickelt und behaupte, er sei auf den Hund gekommen und ihn rausgeschmissen. Dr. von Torf  habe erklärt, bei Hotte sei ein Mieterwechsel nicht selten.

Er sei im übrigen nicht auf den Hund gekommen. Deutschland werde zunehmend von Hunden beherrscht. Über 10 Millionen Hunde gebe es in deutschen Haushalten. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis Hunde eine eigene Partei gründeten und in deutschen Parlamenten vertreten seien. Er persönlich sei ein großer Freund des Rudelverhaltens. Einer müsse immer das Sagen haben. „Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt“, habe mal der Partei-Chef einer kleinen Partei behauptet. Der sei dann leider abgewählt worden. In Deutschland müsse mehr pariert und weniger diskutiert werden. Nicht nur bei Hunden sei Zuckerbrot und Peitsche  bei der Erziehung angemessen. In Sachen Mann-Frau-Verhältnis falle ihm immer wieder der berühmte Tierfreund Friderich Nitsche ein. Dessen Motto als  Paartherapeut sei gewesen, wenn Du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht. Er müsse wohl noch mal mit seiner Frau reden, dieses Mal intensiver.

Ganz klar seien Hunde die besseren Menschen. Kein Hund lass sich von Frauchen oder Herrchen scheiden. „Bis das der Tod Euch scheidet“, gelte nicht mehr in der Menschenwelt, wohl aber in der Hundewelt. Er habe deshalb sein Menschen-Ego um einige hündische Elemente bereichert. Er beherrsche die Menschensprachen deutsch, englisch und Plattdeutsch. In Selbst-Schulungen habe er hündisch dazu gelernt. Er könne bereits auf Pudelisch, Spitzisch und Schäferhündisch knurren und bellen. Dann hatte er Hotte drohend angeknurrt. Das hatte sich sehr schäferhündisch angehört. Seiner Frau sei das zu viel neue Kultur gewesen, hatte Kurti trotzig erklärt, sie habe die Scheidung eingereicht. Aber das letzte Bellen sei hier noch nicht gehört worden.

Hundetollen im Zwergen-Garten?

Dann hatte er Hotte mit einem treuen Dackelblick angeschaut und erklärt, besonders angetan sei er von Hottes berühmten Zwergen-Garten. Er hoffe, dass seine Racker und er darin toben dürften. Seine Hunde seien ordentlich erzogen und pinkelten und kackten nur auf Rasen. Sie würden ganz bestimmt vorsichtig mit seiner Zwergen-Sammung im Garten umgehen. Er könne sich das herrlich vorstellen, eine Schar von Pudeln, Dackeln und Schäferhunden und er mitten drin im herrlichen Zwergen-Garten.

Hotte aber hatte vor seinem geistigen Auge Hunde gesehen, die seine geliebten sieben Zwerge anpinkelten und in den offenen Schneewittchen-Sarg kackten. Fassungslos hatte er wie ein Wolf im Mondschein aufgeheult. Kurti hatte mit einem heiseren Schäferhund Knurren dagegen halten wollen. Hotte aber hatte ihn gegen das Schienbein getreten und von sich weg geschubst.

Dann hatte er die Flinte auf Kurti gerichtet und gebrüllt, er habe schon mal mit dieser Flinte auf nervige Mieter schießen müssen. Um so einfacher sei es für ihn, auf Bestien oder deren Chefs zu schießen, die seinen Zwergen-Garten schänden wollten.

Hotte hatte dann umgehend seinen alten Schulfreund und Anwalt, das Törfchen, anrufen und ihm erklärt, er solle ihm in Zukunft kein zwielichtiges Gesindel mehr vorbeischicken. Er habe eine lange Warteliste von Interessenten, die bei ihm wohnen möchten. Sein Garten sei im übrigen ein Stück Münster-Kultur-Geschichte geworden und kein Hunde-Tummel-Platz. Noch son Ding, und er entziehe ihm das Mandat und die Freundschaft.