Satire: Gerd Schröder sitzt in der Gas-Röhre fest

Auszug aus dem Satire-Buch: Die vielen Seiten des Gerhard Schröder

Veröffentlicht: 16.10.2020

Kim Schröder und die lange Leine

Unruhig war der Nachtschlaf von Gerhard Schröder in Hannover. Ehefrau Nr. Fünf, die Kim, war zu Besuch in Korea, die Mama besuchen und um Geschäftskontakte zu knüpfen. Sie sei eine echte Sonderbotschafterin Deutschlands in Korea, hatte es seitens der Politik geheißen. Sie habe viel Gutes für Deutschland getan. Das gelte insbesondere für ihn, hatte Gerd in erlesener Männerrunde bei erlesenem Rotwein mit stolzer Hahnen Brust erklärt.

Man sei immer so jung, wie die Frau an seiner Seite. Alle Männer der gepflegten exklusiven Männer Runde mit Top Manager Gehalt hatten sich daraufhin abends von ihren genervten Sekretärinnen abholen lassen.

Man müsse junge Frauen an der langen Leine führen, hatte Gerd einige Gläschen später nachgelegt. Leider hatte Kim da schon in der Tür gestanden, um ihn abzuholen. Sie war dann tags drauf zu einer längeren Geschäftsreise gestartet. „An der langen Leine“, hatte sie beim Abschied süffisant bemerkt. Gerd Schröder war wieder einmal über die eigenen Füße gestolpert.  

Gerd Schröder in Not: der Alptraum Gas Röhre

Und nun lag er allein im Schlafzimmer in Hannover und fieberte vor sich hin, allein und erkältet. Und dann hatte er noch diesen schrecklichen Alptraum, in dem er sich als Zuschauer in einem seltsamen Spektakel sah. Es war einer jeher Alpträume, wie sie die freiwillige Film Zensur eigentlich verbietet, da war sich Gerd Schröder nach dem Aufwachen sicher.

Seine unverwüstlichen schwarzen Haare waren Gerd Schröder -im Albtraum – schweißnass in der Stirn gehangen. Aus der Ferne hatte er kehlige Stimmen gehört. „Dawai, Dawai“, hatten die gerufen und Gerd Schröder verstand mittlerweile genug russisch, um zu wissen, dass ihn hier viele zur Eile mahnten. Er robbte in einer hüfthohen Röhre nach vorne in die unendliche Weite der Nord-Stream 2 Pipeline.

Er solle den Bau der Gasleitung Nord Stream 2 bitte vorantreiben, hatte ihn sein alter Freund Wladimir tags zuvor beim guten Glas Tee mit Honig im Kreml gebeten. Schlappe 150 Kilometer Gasröhren seien noch unter der Erde zu verlegen, dann sei die 1200 Kilometer lange Glücksröhre zwischen Sibirien und Deutschland verlegt, und russisches Gas könne deutsche Küchenherde und Öfen befeuern.

Beide hatten darauf noch einen guten russischen Tee mit Honig getrunken. Gerne könne er bei den letzten Kilometern helfen, hatte Freund Wladimir beim Abschied geschmunzelt und Gerd Schröder hatte nach alter Malocher Art in die Hände gespuckt und getönt: „Und jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt.“ Beide hatten dann herzlich gelacht und sich auf die Schultern geklopft, so wie alte Freunde das manchmal tun.

Dann hatte ihn ein Helikopter aber nicht schnell zum Abendessen nach Hannover geflogen, sondern auf eine Plattform in der Nordsee. Mit einem Lift war er in Minutenschnelle an die hundert Meter eingetaucht in die Kälte der Nordsee, so sein Eindruck. Er verstand nun, warum einige die Nordsee „Mordsee“ nannten. Dann war der Lift wieder nach oben gefahren, ohne ihn. Er solle ein paar Meter durch die hüfthohe Röhre bis zum nächsten Lift  robben, hatte der Ingenieur erklärt. Das sei ihm als Abendsport von ganz oben verordnet worden. Und er solle mit einer guten Lösung ankommen, wie die letzten paar Kilometer zu bauen seien. Das sei sein Ticket nach oben.

 „Ja wie denn“, hatte er nach ein paar Metern Robben verzweifelt in die Weite der Röhre geschrien. Sein Gebrüll hatte ihn aufweckt und dankbar hatte er festgestellt, dass er sicher im Schlafzimmer im geliebten Hannover lag, wo seine besten Freunde wohnten und wo er sich sicher fühlte. „Scheiß Gulag“, hatte er geflucht und sich an seine Begegnungen mit Alexander Solschenizyn erinnerte, irgendwann in den 70er Jahren. Er hatte keine zehn Minuten in der russischen Röhre hinter sich, konnte aber Solschenizyns Jahre im Gulag jetzt gut nachvollziehen.

Ehefrau Kim ist keine gelbe Blume

„Kim“, hatte Gerd hilfesuchend in das Schlafzimmer hineingerufen. Doch das Bett neben ihm war leer geblieben. Keine Ehefrau Kim war flotten Schrittes die Treppen hinauf geeilt. Sie war, jetzt erinnerte er sich schmerzlich, auf Geschäftsreise in Korea und hatte sich auch noch nicht gemeldet. Wegen der langen Leine, vermutete Frauenkenner Gerd. Beim Abschied mit spitzem Kuss hatte sie betont, als Sonderbotschafterin fahre sie nicht zum Teetrinken nach Korea. Und sie sei nicht die gelbe Blume in seinem Revers.

Gerd war die Treppe hinuntergewankt und hatte sich im Wohnzimmer auf die große Leder Coach plumpsen lassen. Dort lag ein Halstuch seiner Kim und er hatte sich einen tiefen Atemzug ihres Parfüms gegönnt. Da sie schon einige Tage in Korea verweilte, war er zu alten Gewohnheiten zurückgekehrt. Auf dem Tisch hatte sich ein guter Tropfen Rotwein befunden, der ausreichend in einer Karaffe geatmet hatte und ihm nun gute Dienste erwies. Nachdem er zwei Gläschen runtergegurgelt hatte, war er bereit gewesen, sich dem Leben zu stellen.

Wehmütige Gedanken an Ex-Frau Nr.4, die Doris

„Es läuft wohl gerade nicht so rund“, hätte die Doris, Ex-Frau Nr. 4, jetzt gesagt und ihm erst einmal den Nacken massiert, erinnerte sich Gerd mit Wehmut. Dann hätte sie einen Schlachtplan entworfen und er hätte wieder gewusst, warum auf den wichtigen Papieren im Kanzleramt immer der Zettel geklebt hatte, „Erst Doris fragen!“

Jetzt aber war Doris nicht da und Kim hatte zwar ihre Reize und Konfuzius im Gepäck aber seine Doris…  Gerd seufzte schwer. Manchmal fehlte sie ihm. Sein Coach hatte ihm geraten, die Doris dann im Geiste anzurufen. Er hatte sie tatsächlich einmal angerufen, seitdem wurde er nun noch mit ihrem Anrufbeantworter verbunden. „Scheiß Technik“,  murmelte Gerd.

Probleme?

Er wusste auch so, dass er in der Scheiße saß. Er hatte nun an die zehn Millionen Euro von russischen Firmen insgesamt eingenommen, schätzte er und dafür auch einiges geleistet. „Ohne Frage“, brüllte er in die Tiefen des Wohnzimmers hinein.  Das sagt er gerne, wenn was unklar war. Unweit entfernt bellte ein Hunde. Er wohnte in einer guten und gut bewachten Nachbarschaft. „Scheiß Köter“, murmelte Gerd. Er hatte am Bellen
erkannt, dass es sich um einen miesen Spitz handelte. Solche hatte ihn schon in Kindertagen auf dem Bauernhof geärgert.

Keine Frage – das Geld bleibt

„Keine Frage“, brüllte Gerd Schröder nun in das Wohnzimmer und an die Ohren Dritter gerichtet, „das Geld gehört mir, und wird nicht zurückgegeben“. Juristisch sei das sauber, fand er. Er hatte sich bemüht, die Verträge mit den russischen Unternehmen nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Das war nicht gut genug, wusste er. In Russland wollte man auch Erfolge sehen. Andere hatten die Röhre gebaut und nun sollte er dafür sorgen, dass Gas durchfloss und es keinen Ärger gab. Den aber gab es reichlich.

„Scheiß Nawalny“, murmelte er und genehmigte sich einen guten Schluck Rotwein. Er, der Schröder, sei ein guter Anwalt mit Fortune, hatte es immer über ihn geheißen. „Die Nase immer im Wind und rotzen frech“, hätte seine Mutter gesagt. Er war vom „Kleine-Leute-Links-Anwalt“ zum Genossen der Bosse aufgestiegen mit allem „Zick und Zack“.

Ein Rechtsanwalt sollte erfolgreich sein, erklärte er gerne. Er habe als Jungspund-Anwalt opponiert und schon mal einen Terroristen verteidigt. Als Anwalt und Sozi ein wenig links zu blinken sei ok, wenn man dann rechts abbiege. Das habe er in der Politik gelernt, das sei hohe Staatskunst. 

Warum Rechtsanwalt Nawalny sich mit seinem Freund Putin, auch ein Rechtsanwalt, anlegen wollte, war ihm rätselhaft. War der Kerl ein Masochist? Eine solche ungesunde Haltung müsse man sich auch leisten können, fand er. Und nun sollte er sich mit Nawalny solidarisieren. Schröder fand keine Worte für dieses Ansinnen, das mit seiner Philosophie von Kunst- und Lebensform nichts zu tun hatte.  

Doris und die Eieruhr

„Also, Doris Schatz“, hatte Gerd Schröder provokant und trotzdem irgendwie hilflos in Richtung Küche gerufen. „Was soll ich machen gegen den Nawalny-Stinker, der mich einen Laufburschen Putins nennt?“ Dort aber brummte nur der Kühlschrank monoton. „Aha“ rief Gerd, der nach einem weiteren Glas Rotwein auch seine spirituelle Ader entdeckt hatte. „Ich soll also ruhig bleiben und einen moderaten Protest in Richtung Partei senden. Sagen, dass man so mit einem alten Genossen, Parteichef und Bundeskanzler nicht umgehen kann. Und wenn welche behaupten, ich sei ein Laufbursche Putins, wie dieser Loser Nawalny, dann darf ich von meinen Leuten Unterstützung erwarten?“ Und das man ihn als Alt-Genossen doch nicht so hängen lassen könne. In der Küche hatte dann plötzlich eine Eieruhr geklingelt. „Danke, Doris Schatz“, hatte Schröder geseufzt.

Gute Nacht-Gedanken

Gerd Schröder hatte schließlich beschlossen, ins Bett zu gehen. Ordentlich gurgelte er sich den Hals mit bestem Cognac. Zähneputzen war nicht nötig. Er hatte ja nichts gegessen. Ein Wässerchen hilft immer, pflegten seine russischen Body Guards zu scherzen und die hatte mehr Pepp als die deutschen Sicherheits-Fuzzis mit ihrem ewigen Kaffee und der schlechten Laune.

Das Handy klingelte und Gerd sah auf dem Handy Display seine Kim strahlen. „Bin bei der Arbeit“, funkte er eine Wort Botschaft nach Korea rüber. „Ich melde mich. Tausend Küsse“. Ihm war nicht nach interkontinentalem Verhör oder Vorwürfen zu Mute und der Ermahnung, Tee zu trinken. Heute nicht!! Ein Wink-Kuss kam aus Korea zurück und Gerd hatte seine Ruhe wieder und das Gefühl, geliebt zu werden.

Sein Kurz Plan für morgen lautete: Erstmal morgens einen guten Cappuccino trinken oder zwei. Dann zur Sicherheit noch mal einen Blick in die russischen Verträge werfen. Keinen Tee trinken mit russischen Freunden und auch sonst Abstand zu diesen Jungs halten. Irgendwie hatten die in letzter Zeit eine ungesunde Ausstrahlung. Dann mit SPD-Freunden unverbindlich schnacken und dann Kim anrufen. Aber erst so gegen Mittag.