Satire: Günter K. findet seinen Seelenfrieden im Zwergengarten

Auszug aus dem Satire-Buch: Hotte-Hoppe-Heiter

Günter K. sucht im Zwergengarten nach Ordnung

Leichenblass hatte Günter K.  am späten Nachmittag vor Hotte Hottreckes Haustür gestanden und am ganzen Körper gezittert. Ob er kurz im Zwergengarten Platz nehmen dürfe, hatte er gestammelt, er brauche Orientierung. Dann hatte er sich an Hausbesitzer Hotte vorbei gedrängelt und war in den Zwergengarten gestürmt. Hotte hatte fassungslos im Türrahmen gestanden. „Ja bin ich denn ein Sanatorium“, hatte er halblaut protestiert.

Günter K. hatte sich in den Liegestuhl neben dem Zwergen Ensemble „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ geworfen und Arme und Beine weit von sich gestreckt. Dann hatte Günter K. lange und stumm in den Himmel gestarrt. Ab und zu war ein leichtes Seufzen zu hören gewesen. „Mein Gott, mein Gott“, hatte er mehrfach geklagt und sein Gesicht in die Hände vergraben. „Ordnung“, hatte er dann in den Zwergengarten hineingerufen. „Die Welt braucht Ordnung, nichts als Ordnung“.

Ist Günter K. eine Führungskraft oder ein Luftbeutel?

Der Liegestuhl im Zwergengarten war eigentlich für Hottes Ehefrau Irene zum Sonnenbaden reserviert. Irene betrachtete Günter K. vom Wohnzimmer aus mit kritischen Augen. Sie mochte Günter K. nicht und Günter K. brachte ihr und ihrem Fußnagel Studio auch keinen Respekt entgegen. Er könne sich die Fußnägel auch selber schneiden, hatte er ihr einmal erklärt und rot malen wolle er seine Fußnägel schon gar nicht. Hotte hatte über Günter Ks. Worte gekichert und als Konsequenz einige freudlose Nächte auf der Couch im Wohnzimmer verbracht.

„Sesselfurzer“, hatte Irene in Richtung Günter K. gezischt. Sie hatte Hotte gefragt, wie lange der Blödmann noch bleibe, sie wolle noch in Ruhe ein Sonnenbad nehmen. Hotte hatte mit den Schultern gezuckt und gemeint, man solle sich mit der Obrigkeit nicht anlegen. Günter K. war nämlich, so dessen Worte, eine Führungskraft der Kommune. Er habe mächtig Einfluss, hatte er Hotte kürzlich mit finsterem Blick erklärt. Hottes Anwalt, Dr. Theodor von Torf, von Hotte das „Törfchen“ genannt, hatte erklärt, Günter K. sei ein Apparatschik der zweiten Liga und ohne seinen Job ein Niemand. Er sei eigentlich nur ein matter Schatten seines ehrgeizigen Chefs, ein Luftbeutel.

Ist Günter K. ein deutscher Nachfahre von Nicolo Machiavelli?

Hotte hatte Güter K. vom Wohnzimmer aus durch das Fensterglas vorsichtig beäugt und sich schon mal Pfefferspray in die Hosentasche gesteckt. Einen durchgedrehten Beamten hatte er noch nicht erlebt. Günter K. war Experte für Irgendwas in seiner Behörde und bislang ein respektierter Ratgeber Hottes gewesen in Sachen Umgang mit der Obrigkeit.

Günter K.  fand sein Leben und Wirken in der Verwaltung  in den Werken  des italienischen Philosophen Nicolo Machiavelli aus dem 16. Jahrhundert gut erklärt. Gerne saß er im Sommer auf seinem überdachten  Balkon, den er Loggia nannte, und trank geistige Getränke aus Bella Italia. Er sei so seinem geistigen Vater ein Stück näher, meinte er. Er hatte Italien noch nie besucht. Er fand das Leben im 21. Jahrhundert dort zu lebhaft, die Menschen zu emotional, im Ganzen zu unwestfälisch. So stellte er sich seine Urlaube nicht vor.

Günter K.  rühmte sich, geistig ein deutscher Nachfahre von Nicolo Machiavelli zu sein. Der sei ein genialer Machttaktiker, dessen analytisches Vermögen durch keine Moral getrübt werde. Verschlagenheit sei eine Beamtentugend, pflegte er nach einigen Gläschen italienischen Weins zu behaupten. Er sprach dann auch gelegentlich mit Nicolo einige Worte von der Loggia in den Himmel hinein. Er zollte sich dabei den Respekt, den er im Alltag der Verwaltung so schmerzlich vermisste.

Günter K. dreht durch

Jetzt aber war Günter K. im Zwergengarten aus seiner Klage-Starre im Liegestuhl aufgewacht. Er hatte sich im Zwergengarten finster umgeschaut und begonnen, die Gartenzwerge zu beschimpfen. „Blödes Pack“, hatte er die sieben Zwerge angezischt. Dann hatte er sich vor die Zwergen Gruppe gestellt, die Hände in die Hüfte gestemmt und gerufen: „Scheiß Zwerge, ich mach euch fertig, ich schlag euch zu Mus. Wenn ich sage marschieren, dann lauft ihr.“

Als Günter K.  begonnen hatte, die Zwerge mit Fußtritten zu traktieren, hatte Hotte Pfefferspray eingesetzt, um Zwergen Leben zu retten. Das sei Körperverletzung hatte Günter K. gezetert. Seine Gesundheit sei ein höherrangigeres Rechtsgut als bemalte und befehlsverweigernde Keramik. Er sei einem Zwerg in jeder Hinsicht überlegen. Hotte hatte ihm daraufhin einen Satz heißer Ohren verpasst und an den Haaren aus dem Zwergengarten gezerrt. Es handle sich hier um abendländische Kultur, hatte er Günter K. angeherrscht. Was in ihn gefahren sei.

Günter K. wird von seinem Chef/Fürst enttäuscht

Günter K. war in Tränen ausgebrochen und hatte geschluchzt, sein Leben sei komplett erschüttert. Eben noch sei sein Chef ein Gigant an Münsters Sternenhimmel der Verwaltung gewesen, ein unantastbarer Super-Manager und Freund der Wirtschaft, ein Super-Spreader guter Laune. Er habe diesem Fürsten der Verwaltung ergeben und treu und natürlich auch mit Arglist gedient. Dieser, sein Fürst, sei im katholischen Kirchen-Vorstand seiner Gemeinde gewesen, habe an der Universität unterrichtet. Er habe ganz oben im Politik-Himmel der Verbände gethront und Geld ohne Ende verdient. Sein ganzes Leben habe er auf diesen Fürsten ausgerichtet. Er habe sogar daran gedacht, einen Zwerg in Gestalt seines Chefs dem Hotte Zwergengarten zu spenden.

Dann sei sein Fürst von heute auf morgen aus nichtigem Grund wie ein Hund von den weltlichen und klerikalen Höfen dieser Stadt verjagt worden. Es habe geheißen, er habe die falschen Freunde bei sich übernachten lassen, habe sich von denen viel Computer-Technik im Keller einbauen lassen und dann einige Fragen des Oberchefs der Verwaltung nicht beantworten wollen. Nichts Genaues wisse man, aber über Nacht sei sein Chef entmachtet worden.

Er müsse sein Leben nun völlig neu ausrichten. Er habe große Lust zum Gartenzwerg zu versteinern. Da sei man unangreifbar und habe kein Gefühl. Keramik sei stabil und essen müsse man als Zwerg auch nicht. Dem Zwerg reiche ein Platz irgendwo vollkommen. So ein Zwerg werde verwaltet und trage für nichts Verantwortung. Jeder Zwerg habe einen Chef, der ihn bestimme und das sei gut so.

Hotte verteilt therapeutische  Fußtritte

Dann war Günter K. plötzlich wieder in Richtung Gartenzwerge gestürmt. Hotte hatte ihn mit einigen Kopfnüssen gestoppt und aus dem Garten gezerrt. „Danke, mein Fürst“, hatte Güter K. gerufen und war vor Hotte in die Knie gefallen. Der Zwergengarten sei Hottes Reich und hier herrsche Hotte als Fürst, hatte Günter K. dann feierlich erklärt. Pfefferspray, Ohrfeigen und Kopfnüsse hätten ihm die Stabilität von Fürst Hotte deutlich gemacht, dessen Macht. Diese Sicherheit brauche er. Darum habe er die Geborgenheit des Zwergengartens gesucht und in Frage gestellt. Nun gehe es ihm wieder besser und er sei bereit, sich auf einen neuen Fürsten einzustellen, der sicher kommen werde. Er habe gehört, der neue Chef komme aus der Fabelwelt. Er hieße Leo Lurch oder Eddi Elch oder Boris Biber oder sonst wie.

Ob Hotte ihm zum Abschied aus lauter Freundschaft noch ein paar Mal kräftig in den Arsch treten könne, hatte Günter K. gebettelt. Schmerzen seien ein gutes Mittel, um Erlerntes zu vertiefen. Hotte hatte Günter K. gerne noch ein paar Mal kräftig in den Hintern getreten, zumal er bei einem der Zwerge einen Riss in der Keramik festgestellt hatte.