Satire: Husten für das Vaterland

Ausschnitt aus der He-Ha-Satire-Sammlung: Neues aus dem „Strammen Max“

Adolf Willwoll hasst Corona und die Fußball-Gegner vom „Hanf-Nest“

Adolf Willwoll hockte missmutig am Tresen der Kneipe „Strammer Max“, mitten in Berlin. Die Corona-Zeit machte ihn fertig. Es gab kein Fußball-Spiel am Sonntag mehr, keinen Stress-Abbau im Stadion, seine Mannschaft spielte vor leeren Rängen. Wo sollte er mit seiner Wut hin, die er die Woche über angesammelt hatte. „Scheiß auf Fußball“, hatten die Blödis aus dem „Hanf Nest“, der Kneipe von gegenüber, mit roter Farbe auf die Tür vom „Stammen Max“ gesprüht. Er hatte eine Mords-Wut. Auf die linken Blödis vom „Hanf Nest“, auf Corona und überhaupt. „Geht das denn nie zu Ende mit dem Corona“, hatte er gejammert und Erwin flehentlich angesehen. Und da hatte Erwin, Kneipenbesitzer, Freund und Führer der Männerrunde aus dem „Strammen Max, eine geniale Idee gehabt.

Er wisse, wie man die Corona Krise in vierzehn Tagen besiegen könne, hatte Erwin erklärt, nämlich kraftvoll biologisch. Dann gehe Fußball wieder und man könne wieder in Diskos Frauen anbaggern. Beim Bierzapfen hatte Erwin mit staatsmännischer Geste seinen Kumpels die Lösung verklickert. Er habe im Fernsehen gehört, dass eine denkbare Lösung der Krise die vorsichtige und gelenkte Durchseuchung  der Bevölkerung sei. Das hieße, hatte der schlaue Erwin der verständnislos schauenden Männer-Runde erklärt, erst müssten alle krank werden, um dann wieder zu gesunden.

Adolf Willwoll hatte sich an den Kopf gefasst und geschrien, er denke nicht daran, Corona zu kriegen, nur weil Erwin spinne und sich wichtigmachen wolle. Doch Erwin, Führer, Freund und Kneipen-Besitzer hatte erklärt, solange man kein Medikament gegen das Corona Virus  habe, könne die Lösung auch darin bestehen, dass alle eine Immunität gegen das Virus erlangten, durch ein Durchleben der Virus Krankheit, Covid 19. Erwin hatte erklärt, wenn alle durch die Infektion gegangen seien, dann könne auch nichts mehr passieren. Wenn alle in der Kneipe jetzt krank würden und man sich vierzehn Tag nur zulaufen ließe, dann sei man über den Berg und alles sei gut. Voraussetzung sei natürlich, dass man körperlich stark sei. Dann sei Covid 19 nicht schlimmer als eine Grippe.

Alle Männer im „Strammen Max“ seien top fit, hatte Adolf Willwoll reflexartig erklärt, das sei Ehrensache. In dieser Kneipe sei nur die geistige und körperliche Elite Deutschlands zugelassen. Hier seien alle stark, sozusagen Gewinner-Typen, eben germanisch und das mit Ahnenpass. Und die Parole, „vierzehn Tage Saufen und alles ist gut“, höre sich genial an.

Man könne, hatte Erwin weiter ausgeführt, die Corona Krise aber auch als eine Selektion des deutschen Volkes ansehen. Die Schwachen würden ausgesiebt und zurück bleibe ein starkes Volk. „Nur die Harten kommen in den Garten“, hatte Kneipen-Mann Rudolf erklärt. „Welchen Garten“ hatte Adolf gefragt, in seinen  Garten komme keiner, der sei privat.  Garten hieße Paradies-Garten hatten Rudolf erklärt, das habe er in der Bibelstunde gelernt. Die Harten, dass seien die hart Arbeitenden und Gottesfürchtigen. Die Runde hatte ihn verständnislos angeschaut und Erwin hatte gemeint, der Rudolf solle mal nicht komisch werden. Mit einer Runde Schnaps für alle hatte er Rudolf sich die Vergebung  der Kumpel erkaufen können.

Corona Husten für das Vaterland

Adolf Willwoll hatte erklärt, die Aktion habe schon was. Wenn man davon ausgehen könne, dass alle im „Strammen Max“ gut drauf seien, dann werde man den Corona Virus gar nicht bemerken. Viertzehn Tage Quarantäne-Saufen im „Strammen Max“ bei kaltem Bier und guter Musik, das sei möglich. Erwin hatte Adolf Willwoll auf die Schulter geklopft. Das sei die richtige Einstellung, hatte der schlaue Erwin, Spitzname „Rommel“, Adolf gelobt. Jetzt aber werde es politisch. Denn eigentlich müsse man die Zeit der Krankheit auch im Sinne des deutschen Volkes nutzen und nicht nur saufen.

Wenn man erfolgreich erkrankt sei, könne man mit der Durchseuchungs-Aktion zur Rettung des Vaterlandes anfangen. Das mit dem Erkranken sei kein Problem hatte Adolf erklärt. Er kenne da einen, wo man sich anstecken könne, seine Erna putze nämlich im Krankenhaus auf der Intensiv- Station. Wenn der an Corona-Erkrankte auf der Intensiv Station alle lange genug anhuste, dann könne man schon bald mit der Impf-Aktion des deutschen Volkes anfangen.

Kalle hatte erklärt, man besten starte man die Aktion „Husten für das Vaterland“ im „Hanf Nest“ gegenüber. Die müsse man alle mal ordentlich anzuhusten oder mehr. Der braune Bruno hatte zwischen zwei Zigarrenzügen erklärt, die gehörten alle abgeschafft. Die vom „Hanf-Nest“ seien Weicheier und wenn die von der Corona-Krankheit ausgelöscht würden, sei das kein Verlust für das deutsche Volk.

Adolf Willwoll will seine Frau selber infizieren

„Aber stopp“ hatte Adolf an dieser Stelle gerufen, bei ihm zu Hause, da werde er die Kur  selber durchführen Es solle keiner wagen, seine Erna dumm anzuhusten oder anzufassen. Alle hatten dann die Corona Regel aufgestellt, dass das Infizieren aller erlaubt sei, egal wie, nur nicht der Frauen der Freunde und der Freundinnen der Männer Kneipe. Diese Zusatzregeln hatte der scharfe  Rudi verlangt, wegen seiner vielen Freundinnen. So war es auch beschlossen worden.

Dann hatte man die Viertel und Straßen der Stadt in Aktionsgebiete aufgeteilt. Man hatte sich darauf geeinigt, wer wen anhusten solle. Das hatte lange gedauert. Alle Recken im „Strammen Max“ waren nach der Planungs-Phase und der Einnahme geistiger Getränke – Bier und Schnaps – zur Steigerungen des Hirnvermögens so besoffen gewesen, dass sie mit dem Taxi nach Hause gefahren werden mussten.

Adolf hatte seiner Erna zu Hause schwankend erklärt, dass er sich sehr für sie eingesetzt habe. Sie würde weiterhin von ihm höchst persönlich und exklusiv sexuell versorgt und wenn nötig infiziert werden und nicht von seinen Volksgenossen. Erna hatte gedacht, Adolf mache einen Witz. Sie hatte den Ernst der Lage völlig verkannt und Adolf mit schelmischem Blick gefragt, warum sie nicht auch das Recht auf Spaß mit anderen haben solle. Das wiederum hatte dazu geführt, dass Adolf seiner Erna eine Ohrfeige gegeben hatte. Als er ihr weitere Ohrfeigen hatte geben wollen, weil sie nun trotzig erstens eine Entschuldigung von ihm verlangt hatte und zweitens mehr Freiheit, war sie auf die Toilette geflüchtet und hatte die Nachbarn zur Hilfe gerufen. Letztlich war Adolf Willwoll von der Polizei abholt worden und hatte die Nacht in einer Ausnüchterungszelle verbracht.

Im Polizei Protokoll hatte später was von einem Ehestreit darüber gestanden, ob Adolf seine Frau exklusiv immunisieren dürfe. Der zuständige Staatsanwalt hatte den Kopf geschüttelt, von einer Schnaps Tat gesprochen und vorgeschlagen, das Verfahren einzustellen gegen zehn Sozialstunden und eine Paartherapie. Adolf hatte sich einverstanden erklärt. Erna hatte Adolf schließlich verziehen, als er ihre eine Woche lang Rosen geschickt und ihr eine Mallorca Reise zu Zweit versprochen hatte.  

Die Aktion „Husten für das Vaterland“  wird verschoben

Im „Strammen Max“ hatte man die Aktion „Husten für das Vaterland“ zurückgestellt. Zu viele Ehefrauen hatten, von Erna angestachelt, zu viele Fragen gestellt und gedroht, den Männern ein Kneipenverbot zu erteilen. Erwin, der Wüstenfuchs, hatte allen Recken per Gruppen-WhatsApp mitgeteilt, die Zeit sei noch nicht reif für diesen patriotischen Plan. Er empfehle allen Getreuen des „Strammen  Max“, zwischenzeitlich Mund- und Nasenschutz zu tragen, zur Tarnung. Im „Strammen Max“ müsse das nicht sein, da sei man schließlich unter sich und somit als Deutscher mit Ahnennachweis wahrscheinlich vor Ansteckung geschützt.