Satire: Riskanter Urlaub für Touristen in der Türkei – Liebe und Gefängnis

Satire: Riskanter Urlaub für Touristen in der Türkei – Liebe und Gefängnis

Touristin Sabine in der Türkei im Kaufrausch

Sebastian verfolgte die Nachrichten aus der Türkei mit verschwitzten Händen. Seine Freundin Sabine war in die Türkei, nach Istanbul, eingeladen worden und schickte ihm nun per WhatsApp Küsse, Herzchen und Bilder von sich und ihrer Freundin bei Shopping-Touren und Kaffeetrinken zwischendurch.

„Zwei Mädels im Shopping-Rausch“,  hatte sie geschrieben. „Malls fast leer, Preissturz allerorten, herrlich, könnte hier ewig bleiben“.  Und schade, dass er nicht dabei sei, nach dem gemeinsamen Urlaub in Marokko und Tunesien, hätte sie das gut gefunden.

Erdogan und Humor, riskanter Urlaub für  Touristen                                                                                               

Sebastian war nicht in die Türkei  mitgekommen. Er hatte vor kurzem in einem Artikel, er war Journalist, über Türkei-Präsident Erdogan gewitzelt und ihn einen „Sultan-Zwerg“ genannt. Erdogan hatte sich bislang als humorloser Übelnehmer erwiesen. Zwei Jahre Gefängnis wegen Präsidenten-Beleidigung kostete sowas in der Türkei.

Sippenhaft war in der Türkei dabei ein Mittel zur Unterdrückung politischer Gegner, oder solcher die man dafür hielt,  geworden. Seit Kurzem verhaftete Erdogan in der Türkei nicht nur missliebige Journalisten, auch deren Ehepartner und deren Freunde. Sogar Kinder  nahm die Polizei gleich mit, auch diese verschwanden in Gefängnissen.  Sebastian hatte seine Sabine in der Phantasie schon in Handschellen gesehen, Tränen waren ihr die Wangen dabei heruntergelaufen. Immerhin war sie bei Facebook als seine Freundin gelistet und das mit Foto.

Gülle – Austrag in Erdogans Gärten verboten und der neue Erdo-Erdo-Gruß                                     

Man munkelte, dass in den  Gärten und Feldern Erdogans, die ihm im Laufe der letzten Jahre von Freuden geschenkt worden waren, keine Gülle mehr ausgetragen werden durfte. Klang irgendwas nach Fethulla Gülen, seinem verhassten Rivalen und Ex-Kumpanen bei der Islamisierung der Türkei, dann sah Erdogan rot. Selbst der türkische Gruß: „güle güle“, was auf Türkisch „auf Wiedersehen“  bedeutete, sollte umgewandelt werden in „erdo erdo“, hatte Sabine geschrieben. Ob das nicht lustig sei. Und sie plane, in vier Wochen wieder nach Istanbul zu reisen, die Männer hier seien echte Gentlemen.

Die unpolitische Sabine, Sebastian und Regentanz         

Sebastian war in großer Not. Seine Sabine, blond und lieb,  war vielleicht nicht die politisch Fitteste aber die Zärtlichste. Der Gedanke, sie im türkischen Gefängnis schmoren zu sehen, nicht hinzudürfen, aber an allem schuld zu sein, machte ihn rasend.  Auf dem Küchentisch lag die herrliche bunte Tischdecke, ein Geschenk von Sabine. Hier hatten sie unendliche Stunden Händchen gehalten, gesprochen und sich dabei in die Augen geschaut. „Ich liebe Dich“, hatte er gedacht  und manchmal gesagt.

Er umtanze den Tisch nach der Manier brasilianischer Regenmacher. Im Fernsehen hatte er einmal gesehen, wie die in einem trockenen Fluss getanzt  hatten und immer wieder gerufen hatten, „Regen“ und dann hatte es geregnet. Der Trick dabei, sie hatten das Wort geteilt. „Re“ hatten sie gerufen und dabei auf den Boden gestampft: Dann hatten sie „gen“ gerufen  und dabei die Hände in den Himmel geworfen. Und es schien tatsächlich geregnet zu haben. Jedenfalls hatte der Film danach einen überbordenden Fluss gezeigt.

Nun umtanzte Sebastian den Küchentisch in seiner Wohnung. „Sa-Sa-Sa,“ rief er und stampfte auf dem Boden, „bine-bine-bine“ “ brüllte er zur Zimmerdecke und riss die Hände in die Höhe. Nach zwanzig Minuten  waren die Nachbarn von unten erschienen und hatten sich beschwert. Es sei nun Nacht und sie wollten schlafen. Er hatte sie nicht  überzeugen könne, an der Rettung seiner Sabine aus den Händen Erdogans mitzuarbeiten. Sie hatten stattdessen mit der Polizei gedroht.

Emilie rettet nichts  und ist vollschlank 

Dann hatte er Emilie angerufen. Über die hatten sie sich kennengelernt. Emilie hatte am Telefon wieder einmal von türkisch-arabischen  Männer geschwärmt und seligen Nächten mit denen. Die wüssten eine gute Figur noch zu schätzen, hatte sie gerufen. Emile war vollschlank,  wie viele Facebook-Einträge zeigten. Er solle sich nicht grämen, hatte sie ins Telefon gesäuselt. Auch türkische Gefängniswärter seien nur Männer und Sabine bei ihnen in den besten Händen. Das hatte Sebastian völlig rasend gemacht.

Eil- Mail an die türkische Botschaft und Sabines Mittelfinger

Er hatte der türkisch Botschaft in einer E-Mail versichert, Erdogan sei ein lupenreiner Demokrat, wie auch Putin und andere hervorragende Demokraten. Er sei bereit, das zu beschwören. Nur bitte Finger weg von Sabine, die interessiere Politik wenig und sie habe ihm versichert, in Istanbul nenne man in ihrem Freundeskreis den Namen Erdogan gar nicht.  Man sage nur „Er“ und deute dabei mit dem Mittelfinger in die Luft. Ob das nicht witzig sei.

WhatsApp in der Türkei und Sebastian stellt Kerzen auf

Als am anderen Morgen  die WhatsApp-Verbindung zu Sabine  nicht mehr funktioniert, hatte Sebastian es auch mit „Beamen“  versucht. Als Kind hatte er gerne die Sciencefiction Serie „Raumschiff Orion“ gesehen. In der Klasse hatten sie ihn  Captain Kirk genannt.  Aber Sabine war nicht in seiner Küche erschienen, Das „Beamen“ hatte nicht funktioniert.

Dann hatte Sebastian alle Kerzen aus der Küche in den Rucksack gepackt und war in die nächste  Kirche geeilt, er hatte dort zehn Kerzen aufgestellt. Er war in die Knie gesunken, obwohl er eigentlich schon lange nicht mehr glaubte.

In die Moschee am Bahnhof war er nicht reingekommen. Angesichts seines verschwitzten Gesichtes, dem Rucksack auf dem Rücken und seinem lauten Murmeln „Allahu akbar“ hatte ihn Polizisten vor den Moschee zu Boden geworfen.  Sein Presseausweis hatte ihn gerettet. „Lasst den Sebastian laufen“, hatte der Pressesprecher  der Polizei seine Kollegen angewiesen und die hatten ins Protokoll geschrieben: „liebeskranker Journalist, ansonsten harmlos.“

„Ich liebe Dich, Sabine“,  Einsatz in der Synagoge – Sitzstreik vor „turkish arline“               

„Ich liebe Dich, Sabine“, war nun sein Mantra geworden, mit dem er nun auch auf der Straße grüßte. Als letzte Rettungsmaßnahme für Sabine in der Türkei  war Sebastian in Richtig Innenstadt,  Synagoge,  geeilt. Er wollte nichts  unversucht lassen. In seinem Rucksack befanden sich noch  zwanzig Kerzen, nach dem Moschee-Einsatz leicht ramponiert. Der Rabbi hatte ihm am Telefon versichert,  der Herr habe immer ein offenes Ohr für Liebende. Ein Platz für die Kerzen werde sich finden.

Sebastian hatte dann beschlossen, vor dem Schalter von „turkish arline“  im Flughafen Münster/Osnabrück einen Sitzstreik zu starten. Auf einem Schild mit Bild von Sabine hatte gestanden „Ich liebe Dich Sabine – komm bald  zurück“.