Satire: Gerhard Schröder – Er ist wieder da

Ausschnitt aus dem Satire-Buch

Gerhard Schröder, die Willy Brandt-Mini Statue und die Ehefrau „So-What“

Die Moon News, eine Nachrichten-Agentur mit Sitz auf dem Mars, hatte wieder einmal mit Mars-Technik Signale und Gedanken aus den Privaträumen von Gerhard Schröder geraubt und weltweit verschickt. Gerd Schröder saß, so die Moon-Doku, kichernd am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer in Hannover. Hinter ihm stand auf einem kleinen, sehr hohen Tisch, eine fünfzig Zentimeter Mini-Ausgabe der Willy Brandt-Statue aus der SPD-Zentrale in Berlin. Schröder verwendete diese Statue gerne als Hintergrund bei ihm wichtigen Bildern.

Von vorne betrachtet zeigte die Statue Willy Brandt in lockerer Rednerpose. Ganz in der Art des introvertierten Denkers war ein Bein nach vorne geschoben, eine Hand in die Hosentasche gesteckt. Die andere Hand war in Brusthöhe nach vorne gestreckt mit der Handfläche nach unten, die Finger waren gespreizt. Willys Blick ging ins Leere. Das war „Willy-Wolke“, wie ihn fast alle liebten. Der SPD-Dressman der 70er Jahre und ein Polit-Vordenker mit Hang zu Whisky und Weibern. „Berlin, dein Gesicht hat Dackelfalten“, hatte die schöne Hildegard Knef  ihn derzeit angeschmachtet.  

Beim STERN-Interview im Sommer 2022 hatte Gerd Schröder seinen alten Chef und Leithengst Willy Brandt etwas seitlich gedreht und so sah es nun aus, als knickten dem Willy die Beine weg. Leicht erinnerte er in dieser Pose an das berühmte Manneken-Pis in Brüssel. Nur war die Brunnenfigur á la Willy schwer in die Jahre gekommen, das Leben hatte Spuren hinterlassen. Die Mini-Statue duldete daran keinen Zweifel.

Gerd Schröder, der letzte noch lebende SPD-Gigant, hatte sich dagegen für dieses Interview eine Kraft-Position ausgesucht. Breitbeinig saß er auf dem Büro-Stuhl. Dieses Bild machte klar, dass nicht Willy Brandt der aktuelle Chef und Maximo Leader war. Willy Brandt war zu einem kleinem Deko-Hintergrund-Teil geworden. „Auf dich Willy“, murmelte Gerd Schröder und genehmigte sich einen guten Schluck alten Rotweins, so die Moon-Doku.

Seine Frau, die Kim, hatte nach dem Interview erklärt, der Willy stehe schrecklich schief, sie müsse mal mit der Putzfrau ein ernstes Wort reden. Sie erklärte in Interviews gerne, auch Willy Brandt sei ihr Jugendheld gewesen. Gerd Schröder pflegte dann zu nicken und leicht zu grinsen. Als Willy Brandt 1974 vom Amt des Bundeskanzlers zurücktrat, war die Kim – Jahrgang 68 – sechs Jahre alt gewesen. Schröder liebte die 68er Jahrgänge. Gute 68er Weine waren so teuer wie schmackhaft und im besten Falle so lieblich wie seine Kim, die von ihm So-yeon genannt werden wollte. Nach einer Flasche besten 68er Wein nannte er sie auch gerne „So-what“.

Er ist wieder da

Noch Tage nach dem Interview mit dem STERN, einem deutschen Journal, immer  schnell und dem Zeitgeist eine Nasenspitze voraus, wobei man auch schon gefakte Tagebücher von Adolf Hitler gekauft hatte, hatte Gerd Schröder sich super gefühlt. Und dann war auch noch die Nachricht gekommen, dass die SPD ihn nicht rausgeschmissen hatte.

Er war politisch zwar zu einer one-man-show geworden, aber immer noch galt: what sells, is sex and crime. Auf einem jüngeren Profil-Foto sah er aus wie Robert de Niro auf dem Sterbebett mit gegeltem Haar. Aber er war wieder da. Medial hatte eine Durststrecke von einigen Wochen zwischen seinem Interview mit der New York Times und der STERN-Story gelegen. Die Amis hatten ihn einen Paria genannt und auf seinen Weißwein Konsum beim Interview hingewiesen. So ginge man nicht mit einem Staatsmann um, hatten Gerds Freunde  empört gemurrt, er hatte trotzig geschwiegen.

Gerd Schröder wurde inzwischen als politisches Naturereignis gehandelt. Die taz schrieb, die SPD müsse ihn auch heute aushalten, er sei immer schon so gewesen, nur nicht so alt wie heute. Die Urteile über die Gerhard Schröder-Performance waren im Laufe des Sommers 2022 vernichtender geworden, was möglicherweise mit der Hitze des Sommers 2022 zu tun hatte. Er sei „charakterlos und selbstverliebt“, hatte ein n-tv-Fernseh-Journalist im April 2022 erklärt. Gerd Schröder sei ein alt gewordener Herr, den man nicht mehr ganz so ernst nehmen sollte, hatte der frühere Daimler-Chef und langjährige Sozialdemokrat Edzard Reuter im August 2022 erklärt. Er sei der erste Altbundeskanzler, der die Seiten gewechselt habe, hatte ein SPIEGEL-Journalist auch im August 2022 erklärt.

Der August 2022 war in jeder Hinsicht heiß gewesen. Aber Gerd Schröder war wieder da, er war im Polit-Zirkus wieder mit dabei. Er durfte sich weiterhin Genosse nennen, auch wenn Teile der Partei-Basis revoltierten und einige SPD Promis ihn gebeten hatten zu gehen.

Aber BILD, BamS und Glotze berichteten wieder über ihn und seine Moskau Connections, es war wieder Show-Time. Aber er war nicht mehr der Dompteur in der Polit-Manage, eher ein alter Löwe mit Hocker-Ehrenplatz. Um den Hals des Löwen mit schwarzer Mähne hatte der Feldstecher-Blick der Moon News-Redakteure ein Band schimmern gesehen mit der Aufschrift: „In love forever, Wladimir“. Wie Gerd Schröder wohl seinen achtzisten Geburtstag feiern werde, hatte sich die Redaktion gespannt gefragt. Ob die Presse wohl gnädiger mit ihm sein würde.