Satire: Wird es einen Kohl-Zwerg im Hotte-Garten in Münster geben?

Auszug aus dem Satire-Buch:

Ist die Zeit reif für einen Kohl-Zwerg?

„War die Zeit gekommen für einen Kohl-Zwerg in seinem Garten?“, fragte sich Helmut Hottrecke, von Freunden kurz Hotte genannt, und stocherte lustlos im Käsekuchen. Er saß auf der Veranda seines Hauses in Münster-Süd und schaute liebevoll, aber auch etwas ermüdet auf seinen Zwergen-Garten.

Kunst kommt von Können und die Kohl-Zwerg-Frage

So ein großer deutscher Staatsmann dürfe in seinem Zwergen-Garten nicht fehlen, hatten einige  Freunde vom Verein „Dein Zwerg und Du“ aufmunternd gemeint, andere aber hatten ihn gewarnt. Der Vorsitzende des Vereins, hatte hüstelnd erklärt, Hotte betrachte sich bekanntlich als Künstler und deshalb möge er folgendes beachten. Kunst komme von  Können, und man könne sich mit sowas auch unglücklich machen.

Irene, Hottes Ehefrau und stolze Besitzerin eines Fußpflege-Salons, hatte dem zugestimmt. Der Helmut Kohl sei ein Staatsmann und die künstlerische Umsetzung in die Zwergen-Kultur sicherlich schwierig, wenn nicht gar riskant. Außerdem wisse sie schon gar nicht mehr, wo sie ihren Liegestuhl  im Garten noch aufstellen solle, ohne einen Zwerg umzustoßen.

Hotte hatte das eingesehen und beschlossen, die Frage in die Öffentlichkeit zu geben. Er hatte einen kurzen Text in das Internet gesetzt bei eBay: „Wer hat einen Kohl-Zwerg zu verschenken?“

Kohl-Birne und Kohl-Scheinriese

Hottes Mail-Box war in den nächsten Tagen voll gewesen mit Angeboten, aber auch anderem. Am konkretesten war das Angebot eines Gemüsehändlers. Er verfüge über eine große Birne in Menschengröße, hatte der geschrieben. Er habe diese auch dem „Haus der Geschichte“ in Bonn angeboten, warte aber noch auf eine Antwort.

Auch die Augsburger Puppenkiste hatte sich gemeldet. Sie habe in ihrem Theaterfundus aus der Kinderserie der 70er Jahre „Jim Knopf und die wilde Dreizehn“ und noch die Marionette „der Scheinriese“.  Von Ferne betrachtet wirke diese Pupe riesig, sie schrumpfe jedoch, je  näher man ihr komme. Gerne liefere man auch den Film dazu, gegen Aufpreis. Hotte hatte die Idee interessant gefunden, die hohe Koniferenhecke mit in das künstlerische Ensemble einzubinden, so seine Worte. Er trug neuerdings einen Schnurrbart á la Dali. An dem hatte er bei der Gelegenheit gezwirbelt.

Irene aber hatte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und erklärt, mit Puppen in den Bäumen wolle man erst gar nicht anfangen. Die würden ihr möglicherweise beim Sonnen auf den Kopf fallen.

Kohl-Söhne und Kohlrabi

Auch die Kohl-Familie hatte sich bei Hotte gemeldet. Die Kohl-Brüder hatten, vertreten durch einen Anwalt, mitgeteilt, sie beanspruchten das natürliche Urheberrecht für den Begriff „Kohl“ und Ableitung davon wie z.B. „Kohl-Zwerg“. Als Beweis hatten sie Fotos der Kohl-Familie mitgeschickt. Und „Bimbes noch einmal“, dieses gelte auch für Begriffe und Marken wie: „Kohl-Suppe“, „Kohl-Gemüse“ und „Kohlrabi“. Von einer Abmahnung wollten sie vorläufig absehen. Es sei unsäglich, wer nun alles im Kohl-Gewande auftreten wolle.

Kohl-Frau und Drohung

Auch die Kohl-Witwe hatte sich bei Hotte gemeldet und gebeten, bei einer Darstellung ihres Mannes ihre Deutungshoheit zu berücksichtigen. Jede künstlerische und politische  Interpretation des Kohl´schen Erbes sei vorab mit ihr abzusprechen. Einen „Kohl-Zwerg“ betrachte sie als Angriff auf die Ehre Deutschlands und Europas und ihre Persönlichkeitsrechte. Sollte ein „Kohl-Zwerg“ in Drittstaaten auftauchen oder in Gärten aller Art, stelle sich für sie die Nato-Bündnis-Frage und sie werde klagen.

 Die Kohl-Zwerg-Frage: Dr. jur. Torf antwortet nicht

Hotte war geschockt gewesen und stocherte  lustlos in seinem Käsekuchen. Er hatte seinen Anwalt  Dr. von Torf zur Kohl-Zwerg-Frage angemailt. Das „Törfchen“, wie Hotte ihn  zärtlich an guten Tagen nannte, hatte ihn schon in manch brisanter Situationen mit Mietern und anderen unangenehmen Gestalten beraten.

Dr. von Torf aber hatte erklärt, diese Fragen überschreite seine Kernkompetenz  in Sachen „Mietfragen und Trallala“ und sei nicht  abrechenbar. Er könne ihm nur mitteilen, dass Garten-Zwerge unbelebte Körper seien, somit Sachen, über die er in seinem Garten frei verfügen könne. Rechnung folge.

Als langjähriger Freund und Mitbürger Münsters habe er sich gestattet, die Frage an den Ober-Oberbürgermeister weiterzuleiten und den Bischof.  Unterschrieben hatte er  die Mail mit den Worten „Dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes“.

„Torfkopf“, hatte Hotte gebrüllt. So nannte Hotte seinen Anwalt an schlechten Tagen.

 Die Kohl-Zwerg-Frage: Politik und Kirche

Minuten nach der Torf-Mail  hatte der Ober-Oberbürgermeister Münsters Hotte geschrieben. Der OB-OB, eine weitere Einmaligkeit in der Kommunalpolitik Münsters, hatte sich darin für die vertrauensvolle Anfrage bedankt. Er sehe eine Beantwortung als möglich an unter der Rubrik: „Was darf in meinen Komposthaufen rein und was nicht?“

Hotte könne in seinem Zwergen-Garten aufstellen, wen er wolle. Ebenso sei der Komposthaufen seine Sache, nur Plastik gehöre da nicht rein. Wenn er es aber wagen sollte, eine politische Lichtgestalt Deutschlands einen Zwerg zu nennen, dann werde man sich ernsthaft mit der folgenden Frage beschäftigen: Wie sei es möglich, dass Helmut Hottrecke, Eigentümer dreier Autos, diese nicht auf seinem Hofe parke, wie vorgeschrieben, sondern mit einem erschlichenen Anwohner Parkausweis – und das in dreifacher Kopie – auf der Straße. Ansonsten stehe  er als erster Bürger seiner Stadt ihm jederzeit für weitere Fragen zur Verfügung.

Seitens der Kirche hatte Hotte keine Mail bekommen. Stattdessen war eine weiße Taube über sein Haus geflogen und hatte einen Brief fallen lassen. Der war versiegelt gewesen und drinnen hatte in Goldbuchstaben gestanden: „Lass ab von deinem schändlichen Treiben, tue Buße und kehre um!“

Hotte hat den Kopf in den Käsekuchen gelegt, da ein kühlender Umschlag, ein Kühl-Akku oder Irenes kühle Hand nicht greifbar gewesen waren. Er hatte beschlossen, den Fall nach oben zu delegieren. Sollte der Vorstand des Vereins „Dein Zwerg und Du“ doch eine Kommission einsetzen! Er hatte seinen Notebook-PC ins Eisfach gelegt. Die Sache war ihm zu heiß geworden.